Z Geburtshilfe Neonatol 2004; 208 - 207
DOI: 10.1055/s-2004-829412

Die sonographische Diagnose einer Hirnatrophie bei Entlassung ist assoziiert mit schlechterer neurologischer Entwicklung kleiner Frühgeborener im Alter von 3 Jahren

S Horsch 1, C Müntjes 1, A Franz 1, C Roll 1
  • 1Universitätskinderklinik Essen (Essen, Deutschland)

Fragestellung: Höhergradige Hirnblutungen und periventrikuläre Leukomalazie führen bei Frühgeborenen zu neurologischer Langzeitmorbidität. Im Gegensatz dazu ist die Bedeutung anderer sonographischer Auffälligkeiten wie periventrikulären Echogenitätserhöhungen/Flares oder erweiterer Liquorräume/Hirnatrophie weniger klar. Ziel unserer Untersuchungen war es, die Auswirkungen dieser Auffälligkeiten auf das neurologische Outcome Frühgeborener im korrigierten Alter von 3 Jahren zu untersuchen.

Methodik: Im Jahr 1997 wurden prospektiv alle Frühgeborenen mit einem Gestationsalter <32 Wochen oder einem Geburtsgewicht <1500g untersucht. Standardisierte kranielle Ultraschalluntersuchungen erfolgten zu definierten Zeitpunkten zwischen dem 1. Lebenstag und Tag der Entlassung. Die Ultraschallbilder wurden von unabhängigen Untersuchern hinsichtlich IVH, Parenchymblutungen, PVL, periventrikulären Echogenitätserhöhungen/Flares und erweiterer Liquorräume/Hirnatrophie (definiert als erweiterte äußere Liquorräume mit oder ohne Ventrikelerweiterung) bei Geburt und bei Entlassung beurteilt. Im Alter von 3 Jahren wurden die Bailey Scales of Infant Development II durchgeführt.

Ergebnisse: 87 Frühgeborene wurden eingeschlossen (Geb.-Gewicht 430–2500g (Median 1200g), Gestationsalter 24–34 SSW (Median 29 SSW)). 81 Frühgeborene überlebten (93%). Sonographisch wurde bei 11 Kinder eine subependymale Blutung, bei 7 Kinder eine IVH II, bei 1 Kind eine IVH III und bei 3 Kindern eine IVH III mit Parenchymblutung diagnostiziert. Alle Kindern mit einer IVH III mit Parenchymblutung verstarben. Kein Kind zeigte eine zystische PVL. 42 Kinder hatten periventrikuläre Echogenitätserhöhungen, bei 17 waren diese nur innerhalb der ersten 14 Tage, bei 25 länger als 14 Tage nachweisbar. 32 Kinder zeigten bei Entlassung Zeichen einer Hirnatrophie.

64 Kinder (79% der Überlebenden) konnten im Alter von 3 Jahren untersucht werden (Geb.Gewicht 430–2500g (Median 1185g), Gestationsalter 24–34 SSW (Median 29 SSW)). Kinder mit einer IVH II hatten signifikant niedrigere MDI und PDI-Scores als Kinder ohne Hirnblutung. Kinder, bei denen im Entlassungsultraschall eine Hirnatrophie bestand, hatten signifikant niedrigere MDI (Atrophie 95,5/ohne Atrophie 95,5; p=0,048)-, PDI- (Atrophie 98,4/ohne Atrophie 107,1; p=0,032) und Behavior Rating Scale (Atrophie 72,6/ohne Atrophie 88,3; p=0,013) -Scores als Kinder ohne Zeichen der Hirnatrophie. Periventrikuläre Flares und IVH I hatten keinen Einfluss.

Schlussfolgerung: Unsere Studie zeigt, dass eine beim Entlassungsultraschall bestehende Hirnatrophie mit einer schlechteren psychomotorische Entwicklung Frühgeborener im Alter von 3 Jahren assoziiert ist. Die Hirnatrophie könnte Ausdruck stattgehabter kleinster Läsionen der weißen Substanz ohne zystische Umwandlung sein, die sich der Ultraschalldiagnostik entziehen. Interessanterweise hatten in unserem Kollektiv periventrikuläre Flares keinen Einfluss auf das neurologische Outcome.