Zeitschrift für Klassische Homöopathie 2004; 48(3): 101-108
DOI: 10.1055/s-2004-834419
Originalia

Karl F. Haug Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG

Akutfälle nach Bönninghausen

Carl Rudolf Klinkenberg
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Publication Date:
20 October 2004 (online)

Zusammenfassung

Darstellung und Analyse von zwei Akutfällen. Es wird gezeigt, wie auch ohne oder mit wenig charakteristischen Symptomen durch Repertorisation nach der Bönninghausen-Methode eine sichere Arzneiwahl getroffen wird. Die wichtigsten Kriterien für charakteristische Krankheitssymptome werden dargelegt.

Summary

Presentation and analysis of two case reports. Reliable prescription is possible by using Bönninghausen's method of repertorisation in cases without or with only few characteristic symptoms. The most important attributes of characteristic symptoms of disease are demonstrated.

Anmerkungen

01 Wegen des Mangels an charakteristischen Symptomen zähle ich diesen Fall zu den einseitigen Krankheiten, mit denen sich Hahnemann in den Organon-Paragraphen 172-205 auseinandersetzt (vgl. Klinkenberg 1998: 17-20). Einseitige Krankheiten sind in der überwiegenden Zahl chronische (vgl. § 173). Bei den akuten Fällen ist nicht die Zeit und es ist m.E. nicht zumutbar, zunächst eine nicht ganz passende Arznei (§§ 178-180) zu geben.

02 Unter den Allgemeinsymptomen im Sinne Kents finden sich im Taschenbuch Rubriken wie Gereiztheit, Frostigkeit, Appetitlosigkeit, Trockenheit sonst feuchter Teile usw. Rubriken gewöhnlicher Lokalsymptome sind z.B. trockener Husten, Sodbrennen, Kälte, Hitze und Schweiße einzelner Teile.

03 Jahr 1848 (JSK) [[6]]: 339, 342, 345, 353. Die Zeichen im JSK erläutert Jahr wie folgt (JSK XXXVII): Sperrschrift mehrerer Worte = mehrfach und bei verschiedenen Personen vorgekommen (in Prüfungen und in Heilungsfällen).

03 * Symptome, die in der Prüfung beobachtet wurden und sich auch als Heilanzeigen bewährt haben.

03 ° Symptome, die nur in Heilungsfällen beobachtet wurden (klinische Symptome).

04 Je nach Krankheitsfall können auch nicht näher bestimmte Einzelsymptome, z.B. Schlafwandeln, charakteristisch sein.

05 Es gibt noch weitere Kriterien, die an dieser Stelle nicht erörtert werden, z.B. die Häufigkeit des Auftretens eines Symptoms oder der Bezug zu den Arzneisymptomen: Der Wert eines Symptoms erhöht sich, wenn es charakteristische Zeichen der Arzneien aufweist. Symptome dagegen, die in der AMP bei fast jeder Arznei vorkommen, sind für die Mittelwahl weniger wert (vgl. Hahnemanns Hinweis auf Bönninghausens Taschenbuch in § 153 Anm.).

06 So ist z.B. Angst ohne Begleitsymptome (Angst mit Atemnot), ohne Modalitäten (Angst in einer Menschenmenge) oder nähere Beschreibung (Gewissensangst) kein charakteristisches Symptom im Sinne des § 153, selbst wenn die Angst noch so ausgeprägt wäre.

07 „Auch ist eine … Arznei … nicht gegen einen Krankheitsfall unpassend gewählt, weil ein oder das andre Arzneisymptom einigen mittlern und kleinen Krankheitssymptomen nur antipathisch entspricht; wenn nur die übrigen, die stärkern, vorzüglich ausgezeichneten (charakteristischen) und sonderlichen Symptome der Krankheit durch dasselbe Arzneimittel … gedeckt und … ausgelöscht werden” (§ 67). „Je schlimmer die acute Krankheit ist, … aus desto auffallendern Symptomen ist sie gewöhnlich zusammengesetzt …” (§ 152). Die Frage ist, ob charakteristische Symptome auch einen Krankheitswert für den Patienten haben müssen. Oder anders gefragt: Können Symptome, die den Patienten in keiner Weise beeinträchtigen oder stören, charakteristisch und damit wahlanzeigend sein?

08 Dieser Fall wurde in dem Buch „Die Homöopathie C.M. Bogers” [[1]] veröffentlicht. Hier ergänzte J. Ahlbrecht versehentlich, der Fall sei mit dem BBC-Taschenbuch repertorisiert worden. Er wurde mit dem TBG repertorisiert und später mit dem BBC-Taschenbuch nachrepertorisiert.

09 Vgl. Genneper, Wegener 2001: 159 f.

10 Lachesis war zur Zeit der Entstehung des TBG (bis ca. 1844) ein noch wenig gebrauchtes Mittel. Weitere im TBG unterrepräsentierte Mittel sind: Apis, Brom., Merc-c., Mill., Nat-m., Psor., Symph., Tab. und Thuj.

11 Jahr 1848: 409.

Literatur

  • 01 Ahlbrecht J, Winter N, Hrsg.. Die Homöopathie C.M. Bogers. Bd. 1. Hamburg; Verlag für Homöopathie B.v.d. Lieth 2004
  • 02 Bönninghausen Cv. Bönninghausens Therapeutisches Taschenbuch. Revidierte Ausgabe (TBG). Hrsg. K.-H. Gypser. 1. Aufl. Stuttgart; Sonntag Verlag 2000
  • 03 Genneper T, Wegener A. Lehrbuch der Homöopathie. Heidelberg; Haug Verlag 2001
  • 04 Gypser K-H. Bönninghausens kleine medizinische Schriften. Supplementband Heidelberg; Haug Verlag 1994: 7-15
  • 05 Hahnemann S. Organon der Heilkunst (ORG). Hrsg. J.M. Schmidt. Heidelberg; Haug Verlag 2001
  • 06 Jahr G H G. Ausführlicher Symptomen-Kodex der homöopathischen Arzneimittellehre (JSK). 11848 Leipzig. Hamburg; Verlag für homöopathische Literatur B.v.d. Lieth Nachdruck ohne Jahrgang
  • 07 Jahr G H G. Die Lehren und Grundsätze der gesammten theoretischen und praktischen Homöopathischen Heilkunst. 11856 Stuttgart. Hamburg; Verlag für homöopathische Literatur B.v.d. Lieth Nachdruck ohne Jahrgang 297
  • 08 Klinkenberg C R. Die homöopathische Krebsbehandlung (Teil 1).  ZKH. 1998;  42 15-28
  • 09 Kummer A. Die Methode nach C.v. Bönninghausen.  AHZ. 2003;  248 235-243
  • 10 Möller B. Die Methodik Clemens von Bönninghausens, dargestellt anhand seines Therapeutischen Taschenbuchs. Sonderheft HZ 2002: 6-25
  • 11 Möller B. Einführung in die Methodik Clemens von Bönninghausens.  Teile 1-4  ACD. 1997;  6 7-21 53-80; 101-108; 149-167 
  • 12 Wegener A. Einblicke in die Praxis Bönninghausens.  ZKH. 1989;  33 3-11

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Carl Rudolf Klinkenberg

Sternengasse 12

76275 Ettlingen

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