PiD - Psychotherapie im Dialog 2005; 6(2): 136-140
DOI: 10.1055/s-2004-834766
Aus der Praxis
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Gurutum und Machtmissbrauch in der Psychotherapie

Hans-Jürgen  Wirth
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Publication Date:
23 May 2005 (online)

Zusammenfassung

Wie in allen helfenden Beziehungen spielt auch in der Therapeut-Patient-Beziehung die ungleiche Verteilung von Macht eine wichtige Rolle. Für einen gelungenen therapeutischen Prozess ist der verantwortliche Umgang mit Macht eine zentrale Bedingung. Missbraucht der Therapeut seine Macht, kommt es zwangsläufig zum Scheitern des therapeutischen Prozesses, weil sich der Patient abgelehnt, unverstanden und erniedrigt fühlt und/oder weil er einer Retraumatisierung ausgesetzt ist, auch wenn er diese selbst noch nicht bewusst wahrnehmen kann. Deshalb ist es so wichtig, die Bedingungen für Machtmissbrauch in der Therapie zu untersuchen. Dies geschieht in diesem Beitrag mit Hilfe von H.-E. Richters psychoanalytischer Rollentheorie und J. Willis Kollusionskonzept. Neben dem sexuellen Missbrauch durch Therapeuten, der in letzter Zeit offener thematisiert werden kann als früher, spielt der narzisstische Missbrauch eine wichtige Rolle. Bei Therapeuten, die sich als Gurus in Szene setzen, liegt der Verdacht eines narzisstischen Missbrauchs ihrer Macht nahe. Abschließend werden die Bedingungen (beispielsweise in der Ausbildungssituation) diskutiert, die Machtmissbrauch durch Therapeuten begünstigen bzw. präventiv vermeiden helfen.

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Korrespondenzadresse:

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