Aktuelle Dermatologie 2004; 30 - 89
DOI: 10.1055/s-2004-835615

Kontroversen in der Dermatochirurgie II: Antikoagulation absetzen – Ja oder Nein?

K Wiedemeyer 1, WB Schill 1, C Löser 1
  • 1Zentrum für Dermatologie und Andrologie, Universitätsklinikum Gießen, Deutschland

Einleitung: Bei verschiedenen internistischen, angiologischen und neurologischen Indikationen erfolgt eine Antikoagulation mit Kumarinderivaten. Ist bei einem betroffenen Patienten ein elektiver, dermatochirurgischer Eingriff geplant, stellt sich die Frage des möglicherweise erhöhten Blutungsrisikos. Anhand beispielhafter Fälle demonstrieren wir die Bandbreite der Problematik. Kasuistiken: Fall 1. Bei einer 69-jährigen Patientin wurde im rechten Augeninnenwinkel unter fortgesetzter Marcumareinnahme aufgrund von Herzrhythmusstörungen ein Basaliom exzidiert und der Defekt mittels Verschiebelappenplastik gedeckt. Intraoperativ wurde keine verstärkte Blutung beobachtet. Das postoperative Lidhämatom war geringfügig. Fall 2. Die ambulante Exzision eines infraaurikulären Basalioms unter fortgesetzter Marcumareinnahme führte zu einer Nachblutung. Trotz intensiver internistischer Behandlung mit Gabe von Vitamin K und Frischplasma hielt die Blutung über Tage an. Nach Überweisung in unser Zentrum konnte durch Revision mit Elektrokoagulation von mehreren kleinen Arterien eine vollständige Blutstillung erzielt werden. Fazit: Blutungskomplikationen sind selten auf die Einnahme von Kumarinderivaten zurückzuführen. Bei allen oberflächlichen dermatochirurgischen Eingriffen erscheinen auftretende Blutungen durch übliche Maßnahmen (Elektrokoagulation, Umstechung, Kompression, Hämostyptika) gut beherrschbar. Wir empfehlen daher eine Risikoabwägung. Im Zweifelsfall sollte die Antikoagulation beibehalten werden. Das Ab- oder Umsetzen einer Antikoagulation sollte auch aus forensischen Gründen ausschließlich im Einverständnis und unter der Kontrolle des betreuenden Internisten erfolgen.