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DOI: 10.1055/s-2004-861669
Probleme der bedarfs- und patientengerechten Substitutionstherapie aus der Sicht des bundesweiten COBRA*-Projekts
Hintergrund: Vor dem Hintergrund einer lückenhaften Datenlage zur Praxis der Substitutionstherapie Opiatabhängiger wurde mit COBRA („Cost-Benefit and Risk Appraisal of Substitution Treatments„) eine bundesweite versorgungsepidemiologische Studie durchgeführt. Zielsetzungen des COBRA-Projekts sind u.a.: 1) Die Charakterisierung von bestehenden Einrichtungsformen und -modellen hinsichtlich: (a) Merkmalen opiatabhängiger Patienten (Schwere und Dauer/Stadium der Störung, Komorbidität, Delinquenz, Desintegration etc.), (b) ihrer Diagnostik sowie den Indikations- und Allokationsentscheidungen in der Versorgungsrealität sowie (c) den eingesetzten Interventionsmethoden (Substitutionsmittel, Therapie komorbider Störungen, psychotherapeutische und soziale Interventionen). 2) Die Ermittlung von Problemen der Substitutionstherapie bei verschiedenen Hochrisikogruppen (z.B. Hepatitis-C- und HIV-Patienten) und 3) Die Beschreibung des Kurzzeitverlaufs und 12-Monats-Outcomes hinsichtlich Haltequote sowie verschiedener klinischer und sozialer Kriterien. (S. weitere Informationen unter www.cobra-projekt.de). Methodik: Die Studie teilt sich in eine (a) Vorstudie (Registerevaluation und Substitionsarztbefragung), eine deskriptive klinischepidemiologische Querschnittsstudie an 2700 Substititionspatienten sowie (c) einer prospektiv longitudinalen Verlaufsstudie an über 1000 Patienten. Ergebnisse: (1) Die Anzahl aktuell in der Substitutionstherapie arbeitender Ärzte erscheint insgesamt zu niedrig und nicht bedarfsgerecht. (2) Das adminstrativ/gesetzliche Regelungswerk wird als extrem belastend und abschreckend erlebt. (3) In Abhängigkeit von der Größe der Substitutionspraxis (Versorgermodell) ergeben sich sehr unterschiedliche Versorgungs- und Therapiemerkmale, (4) Diese bleiben auch bei Berücksichtigung der Erkrankungsschwere bestehen. (5) Mehr als 60% aller Substitutionspatienten sind hoch multimorbid hinsichtlich psychischer und körperlicher Erkrankungen. (6) Die Prävalenz behandelter Komorbiditäten liegt jedoch vergleichsweise niedrig. Diskussion: Der Vortrag präsentiert erstmals differenzierte Ergebnisse der Hauptuntersuchung und stellt mögliche Interpretationen zur Diskussion. Die Autoren regen auf der Grundlage der Cobra-Daten vorrangig an, das bestehende Regelwerk erheblich zu vereinfachen und transparenter zu gestalten. Damit könnte unmittelbar und ohne Kostenaufwand ein signifikanter Beitrag zur bedarfsgerechteren Versorgung von Abhängigen als Grundvoraussetzung für eine patientengerechtere Versorgung geleistet werden.
*COBRA ist ein assoziiertes Projekt des vom Bundesministerium für Forschung, Bildung und Technologie (BMBF) geförderten Suchtforschungsverbundes ASAT und wird unterstützt durch einen „unrestricted educational grant“ der Firma essex pharma GmbH, München. Der COBRA- Studiengruppe gehören an: Dr. Backmund, Prof. Bühringer, Prof. Gastpar, Dr. Gölz, PD. M. Kraus, M. Krausz, Prof. M. Soyka, Prof. F. Tretter, PD. D. Pittrow, W. Schaefer, Prof. Wasem.In verschiedenen Projekten untersucht ASAT (Allocating Substance Abuse Treatment to Patient Heterogeneity) vor allem innovative Indikations- und Allokationsmodelle in der Versorgung verschiedenster Suchterkrankungen.
Literatur:
1Wittchen HU, Apelt SM, Christl B, Hagenau KA, Groß A, Klotsche J, Soyka M. Die Versorgungspraxis der Substitutionstherapie Opiatabhängiger (COBRA). Suchtmed 2004; 6 (1): 80–87
Kontakt: COBRA-Homepage: www.cobra-projekt.de; ASAT-Homepage: www.asat-verbund.de