Zentralbl Gynakol 2005; 127(5): 273-274
DOI: 10.1055/s-2005-836886
Editorial

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Menstruation und Endometriose - Physiologie und Pathologie, die das Frausein bestimmen

Menstruation and Endometriosis - Physiology and Pathology which affect femininityJ. Keckstein1
  • 1Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe, Landeskrankenhaus Villach
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Publication Date:
29 September 2005 (online)

Die Menstruation kann als Inbegriff der weiblichen Physiologie gesehen werden. Beginnend von der Menarche über Schwangerschaft bis hin zur Menopause bestimmt die Blutung das Leben der Frau (mehr oder weniger). Sie unterliegt differenzierten Regelkreisen, die durch die verschiedensten Einflüsse gestört werden können. Für uns GynäkologInnen bedeuten diese Störungen den Alltag in Praxis und Klinik. Obwohl uns wichtige Erkenntnisse über die endokrinologische Steuerungsmechanismen und „physiologischen” Vorgänge im Uterus bekannt sind, bleiben doch unzählige Fragen offen. Eine ist die Frage nach der Genese der Endometriose. Interessante Publikationen, insbesondere auch auf dem Gebiet der Molekularbiologie, erklären uns zwar sehr differenzierte Vorgänge, ohne dass sie uns schlüssige Erklärungen für die Entstehung, sichere nichtinvasive Diagnostik und effiziente Therapie dieser zum Teil sehr aggressiven Krankheit, geben können.

Endometriose könnte z. B. als die pathologische Form der Menstruation gedeutet werden. Überlegungen, dass primär der physiologische Vorgang der Menstruation durch funktionelle Störungen des Uterus verursacht werden, liegen nahe. Die juvenile Dysmenorrhö könnte als Beginn einer funktionellen Störungen erklärt werden, die später auf den Boden einer genetischen Disposition, eine strukturelle Veränderung von Endometrium und Myometrium und der Nachbarstrukturen im Becken nach sich ziehen können. Unklarheit besteht auch über die Art und den Zeitpunkt der Diagnosestellung. Sollen „symptomatische” junge Mädchen „pathologisiert” werden? Warum vergehen zwischen Schmerzbeginn und Diagnosestellungen oft viele Jahre? Hier sind Aufklärung und Bewusstseinsbildung bei den Betroffenen und ihrer „Umgebung” gefordert.

Eine sichere Diagnose kann allerdings nur durch Gewinnung eines histologischen Präparates gestellt werden und dies wohl meist durch eine endoskopische oder andere operative Maßnahme. Im Rahmen dieser Operation bieten sich durch die neuen minimalinvasiven Technologien und ausgereiften Operationstechniken mit entsprechenden Instrumenten optimale Verfahren zur Entfernung der Endometriose an. Dass die operative Maßnahme meist die Therapie der Wahl ist, ist unbestritten. Daneben wissen wir allerdings, dass Endometriose eine chronische Erkrankung ist und weitere Therapiekonzepte (medikamentöse Behandlung, etc.) von Nöten sind.

Gestagenbetonte Ovulationshemmer führen bei jungen Patientinnen zur Beschwerdefreiheit. Inwieweit dadurch die Pathophysiologie und Progression der Erkrankung beeinflusst werden, ist unbekannt. Langzeitzyklen (seasonal) bieten den Patientinnen neue Lebensqualitäten, wobei Daten über längere Zeiträume fehlen. Die Art der Anwendung von GnRH-Analoga hat sich von einen unkritischen Gabe zu einer differenzierten Applikation, insbesondere auch in der Reproduktionsmedizin, gewandelt. Weitere Konzepte zur „Hormonmodulation” eröffnen interessante Therapieansätze.

Die Reproduktionsmedizin beschäftigt sich zunehmend mehr mit dem Problem Endometriose.

Daneben werden therapeutische Konzepte zur Behandlung des Schmerzes, aber auch anderer endometriosebedingten Symptome erforderlich.

Da die „Schulmedizin” zum Teil differenzierte, individuell konzipierte Therapieschematas vermissen lässt, wenden sich viele Patientinnen der Komplementärmedizin zu. Die Erfolge der Homöopathie und der Traditionellen Chinesischen Medizin sind offenkundig und durch multiple Patientenberichte auch belegt. Obwohl diese Ergebnisse die typische Wissenschaftlichkeit der Schulmedizin vermissen lassen, beginnen sich immer mehr Schulmediziner diesen Verfahren zuzuwenden, um den Bedürfnissen der Patientinnen entsprechend entgegen kommen zu können.

Dass diese chronische Erkrankung eine Vielzahl sowohl psychosomatischer aber auch sozialer Aspekte beinhaltet, ist uns allen bewusst.

Aus oben genannten Gründen haben wir nun in diesem Jahr den 6. Deutschen Endometriose-Kongress um das Thema „Menstruation” erweitert. Hierbei soll dem Konzept - „von Physiologie zu Pathologie” - entsprochen werden, diagnostische und therapeutische Konzepte aus schulmedizinischer und komplementärmedizinischer Sicht gegenübergestellt und durch entsprechende Workshops diese Gebiete betreffend unser Wissens erweitert werden.

Das nun seit 6 Jahren praktizierte Konzept auch Patientinnen und Interessierte zu diesem Kongress einzuladen, wird in Villach fortgeführt und das Programm entsprechend konzipiert.

Die Frauengesundheit wird durch die Menstruation, als einer der fraulichsten, physiologischen Vorgänge wesentlich beeinflusst. Sie zu verbessern, ist das Ziel unseres Kongresses in Villach.

Aufgrund der topographischen Nähe zu Italien und Slowenien, wird dieser Kongress grenzüberschreitend konzipiert.

Prof. Dr. Jörg Keckstein

Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe · Landeskrankenhaus Villach

Nicolaigasse 43

A-9500 Villach

Phone: +43/42 42/2 08 23 92

Fax: +43/42 42/2 08 23 07

Email: joerg.keckstein@lkh-vil.or.at

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