Z Gastroenterol 2005; 43(2): 182-184
DOI: 10.1055/s-2005-857875
Leitlinie

© Karl Demeter Verlag im Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Themenkomplex V: Extraösophageale Manifestationen

G. Micklefield, D. Jaspersen, K. Rasche, H. Hildmann
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 February 2005 (online)

Chronischer Husten, Asthma bronchiale und Laryngitis sind Erkrankungen, die als extraösophageale Manifestationen der gastroösophagealen Refluxkrankheit auftreten können. Obwohl es sich um häufige Erkrankungen handelt, scheint nur ein kleiner Anteil der Patienten diese Erkrankungen als Folge ihrer Refluxkrankheit zu haben. Erschwert wird die Beurteilung der Symptomursache dadurch, dass manche Patienten kaum typische Refluxsymptome aufweisen. Die meisten Patienten mit refluxassoziierten Atemwegserkrankungen scheinen mehrere Ursachen für ihre respiratorischen Symptome zu haben.

Diagnostisches Zielkriterium der Probetherapie bei der Frage „Ursächlichkeit von Reflux für respiratorische Symptome” Konsens Die Probetherapie (Definition im Kapitel „Diagnostik der Refluxkrankheit”) gilt als erfolgreich (d. h. die Ursächlichkeit von Reflux für die respiratorischen Symptome als gesichert), wenn weit gehende Besserung der respiratorischen Symptome erzielt wird (z. B. 75 % Besserung auf einer VAS oder Reduktion auf Grad 1 oder 2 auf einer 5-Punkte-Likert-Skala) oder eine messbare Verbesserung der respiratorischen Symptome erzielt wird, soweit geeignete Verfahren zur Verfügung stehen (z. B. Peak-Flow-Verbesserung um mindestens 20 %) (C). Kommentar Ein anderer Goldstandard als die symptomatisch erfolgreiche Refluxtherapie der respiratorischen Symptome ist nicht verfügbar. Die entsprechenden Studien bei Patienten mit unerklärtem chronischen Husten und posteriorer Laryngitis legen einen solchen kausalen Zusammenhang in ein bis zwei Drittel der vorselektierten Patienten nahe [1 - 3)]. Da komplette Beschwerdefreiheit nicht zu erwarten ist, wird eine „weit gehende Besserung” als Kriterium empfohlen. Zu Dokumentationszwecken erscheint der Versuch einer Quantifizierung mittels der genannten Instrumente empfehlenswert.

Chronischer Husten Konsens Bei Verdacht auf refluxassoziierten Husten soll eine Probetherapie durchgeführt werden (B). Kommentar Bei Verdacht auf chronischen refluxassoziierten Husten ist neben Anamnese und klinischem Befund die Besserung der Beschwerden während der Probetherapie diagnostisch wegweisend 2 4. Diese Therapie sollte mindestens ein bis zwei Wochen durchgeführt werden 5. Bevor eine Probetherapie bei chronischem Husten begonnen wird, sollten andere Ursachen wie Asthma bronchiale, „post nasal drip syndrome”, Husten durch Arzneimittel oder eine chronische Bronchitis ausgeschlossen werden 6. Nach Ausschluss dieser Ursachen steht vor Einleitung der Probetherapie die Durchführung einer Ösophago-Gastro-Duodenoskopie. Bis zu 60 % aller Patienten mit refluxassoziiertem Husten haben eine weitere Ursache des Hustens, die einer entsprechenden Therapie bedarf 7 8. Die Probetherapie sollte nach den Standards erfolgen. Bei jüngeren Patienten und therapierefraktärem refluxassoziierten Husten kann die Anlage einer Fundoplicatio in Erwägung gezogen werden 9 10.

Chronische Laryngitis Konsens Bei Verdacht auf refluxassoziierte Laryngitis soll eine Probetherapie durchgeführt werden (B). Kommentar Voraussetzung für eine Probetherapie ist das Fehlen von Alarmsymptomen, die auf eine maligne Erkrankung des Kehlkopfes hinweisen würden 3. In der Therapie gelten die Standards. Die Therapie sollte mindestens vier bis sechs Wochen durchgeführt werden 11 12 13. Im Falle eines Rezidivs kann eine erheblich längere Behandlungsdauer notwendig sein. Bei therapierefraktären Fällen kann eine operative Therapie erwogen werden 14 15.

Asthma bronchiale Konsens Bei Verdacht auf refluxassoziiertes Asthma bronchiale soll eine Probetherapie durchgeführt werden (B). Kommentar Der pH-metrisch nachgewiesene Reflux beim Asthmatiker belegt nur die Assoziation, nicht aber die Kausalität. Sprechen die Asthmabeschwerden auf eine Probetherapie an, legt dies eine Kausalität nahe 16 17 18. Welche Patienten mit Asthma bronchiale von einer PPI-Therapie profitieren, ist bisher unzureichend geklärt. Geringe oder fehlende ösophageale Symptome oder eine nichterosive Form der Refluxkrankheit (NERD) kann die Evaluierung einer möglichen refluxassoziierten Atemnot beim Asthmatiker erschweren 19. PPI sind in der Therapie des refluxassoziierten Asthma bronchiale wirksam 20. Die optimale Therapiedauer ist nicht eindeutig definiert; sie muss vermutlich längerfristig (Minimum drei Monate) durchgeführt werden 21. Der Therapieerfolg kann anhand der Peak-Flow-Messung sowie anhand der Reduzierung der Anfallshäufigkeit beurteilt werden [34].

Nichtkardialer Thoraxschmerz Konsens Da die Refluxsymptomatik eine der wesentlichen Ursachen des nichtkardialen Thoraxschmerzes darstellt, ist bei Verdacht nach entsprechender kardiologischer Diagnostik eine Probetherapie sinnvoll (B). Kommentar Die Anamnese lässt nur in wenigen Fällen die sichere Differenzierung zwischen ösophagealer und kardialer Genese der Schmerzen zu 23. Zu den Ursachen zählen die Refluxkrankheit, Motilitätsstörungen und ein hypersensitiver Ösophagus 24. Bis zu 60 % der Patienten haben einen pathologischen gastroösophagealen Reflux 25 26. Eine diagnostische Abklärung kann mittels Endoskopie und/oder pH-Metrie erfolgen, jedoch erweist sich eine Probetherapie als diagnostisch mindestens gleichwertig 27 28 29 30. Da es sich jedoch sowohl bei der koronaren Herzerkrankung als auch bei der Refluxkrankheit um häufige Erkrankungen handelt, kann bei Patienten mit Koronarstenosen nicht ausgeschlossen werden, dass zusätzlich Beschwerden einer Refluxkrankheit vorliegen 31.

Literatur

  • 1 Jaspersen D, Diehl K L, Geyer P. et al . Diagnostischer Omeprazoltest bei Verdacht auf refluxassoziierten chronischen Husten.  Pneumologie. 1999;  53 438-441
  • 2 Ours T M, Kavuru M S, Schilz R J. et al . A prospective evaluation of esophageal testing and a double-blind, randomized study of omeprazole in a diagnostic and therapeutic algorithm for chronic cough.  Am J Gastroenterol. 1999;  94 3131-3138
  • 3 Wo J M, Grist W J, Gussack G. et al . Empiric trial of high-doses omeprazole in patients with posterior laryngitis: a prospective study.  Am J Gastroenterol. 1997;  92 2160-2165
  • 4 Schenk B E, Kuipers E J, Klinkenberg-Knol E C. et al . Omeprazole as a diagnostic tool in gastroesophageal reflux disease.  Am J Gastroenterol. 1997;  92 1997-2000
  • 5 Jaspersen D, Diehl K L, Geyer P. et al . Omeprazole in the treatment of patients with reflux-associated chronic cough.  Gut. 1999;  45 (Suppl V) A267
  • 6 Smyrnios N A, Irwin R S, Curley F J. Chronic cough with a history of excessive sputum production. The spectrum and frequency of causes, key components of the diagnostic evaluation, and outcome of specific therapy.  Chest. 1995;  108 991-997
  • 7 Palombini B C, Castilhos Villanova O L, Araújo E. et al . A pathogenic triad in chronic cough. Asthma, postnasal drip syndrome, and gastroesophageal reflux disease.  Chest. 1999;  116 279-284
  • 8 Lúdvíksdóttir D, Björnsson E, Janson C. et al . Habitual coughing and its associations with asthma, anxiety, and gastroesophageal reflux.  Chest. 1996;  109 1262-1268
  • 9 Ekström T, Johansson K E. Effects of anti-reflux surgery on chronic cough and asthma in patients with gastro-oesophageal reflux disease.  Respir Med. 2000;  94 1166-1170
  • 10 Brouwer R, Kiroff G K. improvement of respiratory symptoms following laparoscopic fundoplication.  ANZ J Surg. 2003;  73 189-193
  • 11 Jaspersen D, Weber R, Hammar C H. et al . Effect of omeprazole on the course of associated esophagitis and laryngitis.  J Gastroenterol. 1996;  31 765-767
  • 12 Micklefield G H, Radü H J, Greving I. et al . Acid esophago-pharyngeal reflux as etiology of hoarseness.  Laryngorhinootologie. 1998;  77 496-499
  • 13 El-Serag H B, Lee P, Buchner A. et al . Lansoprazole treatment of patients with chronic idiopathic laryngitis: a placebo controlled trial.  Am J Gastroenterol. 2001;  96 979-983
  • 14 Noordzij J P, Khidr A, Evans B A. et al . Evaluation of omeprazole in the treatment of reflux laryngitis: a prospective, placebo-controlled, randomised, double-blind study.  Laryngoscope. 2001;  111 2147-2151
  • 15 Hanson D G, Kamel P L, Kahrilas P J. Outcomes of antireflux therapy for the treatment of chronic laryngitis.  Ann Otol Rhinol Laryngol. 1995;  104 550-555
  • 16 Micklefield G H, May B. Respiratory symptoms and gastroesophageal motility disorders.  Verdauungskrkh. 1993;  11 46-50
  • 17 Harding S M. Gastroesophageal reflux and asthma: insight into the association.  J Allergy Clin Immunol. 1999;  104 251-259
  • 18 Schan C A, Harding S M, Haile J M. et al . Gastroesophageal reflux-induced bronchoconstriction. An intraesophageal acid infusion study using state-of-the-art technology.  Chest. 1994;  106 731-737
  • 19 Nakase H, Itani T, Mimura J. et al . Relationship between asthma and gastro-oesophageal reflux: significance of endoscopic grade of reflux oesophagitis in adult asthmatics.  J Gastroenterol Hepatol. 1999;  14 715-722
  • 20 Field S K, Sutherland L R. Does medical antireflux therapy improve asthma in asthmatics with gastroesophageal reflux? A critical review of the literature.  Chest. 1998;  114 275-283
  • 21 O’Connor J F, Singer M E, Richter J E. The cost-effectiveness of strategies to assess gastroesophageal reflux as an exacerbating factor in asthma.  Am J Gastroenterol. 1999;  94 3658
  • 22 Kiljander T O, Salomaa E R, Hietanen E K. et al . Gastroesophageal reflux in asthmatics: A double-blind, placebo-controlled crossover study with omeprazole.  Chest. 1999;  116 1257-1264
  • 23 Fang J, Bjorkman D. A critical approach to noncardiac chest pain: pathophysiology, diagnosis and treatment.  Am J Gastroenterol. 2001;  96 958-968
  • 24 Alban-Davies H, Jones D, Rhoades J. Esophageal angina as the cause of chest pain.  J Am Med Assoc. 1982;  248 2274-2278
  • 25 DeMeester T, O’Sullivan G, Bermudez G. et al . Esophageal function in patients with angina-type chest pain and normal coronary angiograms.  Ann Surg. 1982;  196 488-498
  • 26 Hewson E, Sinclair J, Dalton C. et al . 24-hour esophageal pH monitoring: The most useful test for evaluating noncardiac chest pain.  Am J Med. 1991;  90 576-583
  • 27 Fass R, Fennerty M B, Johnson C. et al . Correlation of ambulatory 24-hour pH monitoring results with symptom improvement in patients with noncardiac chest pain due to gastroesophageal reflux disease.  J Clin Gastroenterol. 1999;  28 36-39
  • 28 Fass R, Fennerty M B, Ofman J J. et al . The clinical and economic value of a short course of omeprazole in patients with noncardiac chest pain.  Gastroenterology. 1998;  115 42-49
  • 29 Pandak W M, Arezo S, Everett S. et al . Short course of omeprazole: a better first diagnostic approach to non-cardiac chest pain than endoscopy, manometry, or 24-h esophageal pH monitoring.  J Clin Gastroenterol. 2002;  35 307-314
  • 30 Achem S R, Kolts B E, MacMath T. et al . Effects of omeprazole versus placebo in the treatment of non-cardiac chest pain and gastroesophageal reflux.  Dig Dis Sci. 1997;  42 2138-2145
  • 31 Singh S, Richter J, Hewson E. et al . The contribution of gastroesophageal reflux to chest pain in patients with coronary artery disease.  Ann Intern Med. 1992;  117 824-830
    >