manuelletherapie 2005; 9(4): 193-195
DOI: 10.1055/s-2005-858665
Erfahrungsbericht

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Internationale Weiterbildung in Orthopädischer Manueller Therapie (OMT) in der DGOMT e. V.

ErfahrungsberichtM. Egginger
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Publication Date:
19 October 2005 (online)

Jetzt ist es also geschafft - der 2,5-jährige Ausbildungsweg ist abgeschlossen. Aus meiner Sicht stellt dies einen günstigen Zeitpunkt dar, Einblick und Rückblick über die Stationen unserer Ausbildung zum PT-OMT in der DGOMT (Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Manuelle Therapie) zu geben.

Begonnen hatte alles mit der Entscheidung, eine Ausbildung in Manueller Therapie im Kaltenborn-Evjenth-Konzept zu absolvieren. Im Laufe dieser Grundkurse (260 Std.) wurde vielen der Teilnehmer klar, dass eine physiotherapeutische Tätigkeit ohne Wissen und „Handwerkszeug” der Manuellen Therapie kaum mehr vorstellbar ist. Während der Kurse bis zum Zertifikat wurde der Grundstein für das manualtherapeutische Wissen und Können gelegt, doch mussten wir im täglichen Umgang und Arbeiten mit den Patienten schnell erkennen, dass viele Fragen noch unbeantwortet geblieben waren. Die Lust auf „mehr” war erwacht.

Von den Instruktoren erfuhren wir, dass das MT-Zertifikat nicht nur die Möglichkeit der Abrechnung von Manueller Therapie mit den Krankenkassen, sondern auch den Einstieg in die OMT-Ausbildung erlaubte. Die ersten beiden OMT-Kurse (Aufbaukurse Extremitäten und Wirbelsäule hatten wir ohnehin bereits vor dem Zertifikat absolviert.

Ausbildungsbroschüren und persönliche Gespräche mit verantwortlichen OMT-Instruktoren sowie „alten” OMTlern lieferten die nötigen Informationen zur 2,5-jährigen OMT-Ausbildung. Und so trafen wir uns im Januar 2003 zum 1. OMT-Wochenende, damals in Kempten. Die weiteren Unterrichtsorte waren Bad Tölz, Meersburg, Freiburg, Bad Birnbach, Mainz, Koblenz und Münster. Die folgenden Kurswochenenden (Freitag 14.00 Uhr bis Sonntag 15.00 Uhr) fanden einmal im Monat statt. Im August gab es jeweils kursfrei, d. h. Ferien.

„Wir”, das waren 13 junge und jung gebliebene Physiotherapeuten zwischen 25 und 52 Jahren, 10 Männer und 3 Frauen aus dem Bundesgebiet mit Schwerpunkt Süddeutschland (Abb. [1]).

Abb. 1 Die erfolgreichen OMT-Absolventen (v. l. n. r.): Rainer Schwarz (Ausbildungsleitung), Monika Kraus, Maria Egginger, Ingo Schwenzfeger, Lars Kroschewski, Markus Rauw, Gabi Müller, Hubert Müller, Hagen Hammer, Martin Kumpfmüller, Heiko Pietsch, Günther Rietzel-Jagode, Claudius Lipps und Claude Saurat.

Schnell wurden größere und kleinere Fahrgemeinschaften organisiert, und so konnten die Anreisen zu fröhlichem „Geschnatter”, aber auch für Erfahrungsberichte genutzt werden. Aus einer zusammengewürfelten Teilnehmerschar entwickelte sich zunehmend eine homogene Gruppe, die mit jedem Treffen mehr und mehr zusammenwuchs.

In den ersten 1,5 Jahren (OMT I) wurde zwischen 7 theoretischen, 3 klinischen und 7 klinikorientierten Praxiskursen von uns erwartet, 6 Behandlungsprotokolle zu erstellen. Dies bot die Möglichkeit, unsere Arbeit am Patienten von Profis analysieren zu lassen und Tipps und Tricks für den OMT-Alltag zu bekommen (Abb. [2]).

Abb. 2 Kursteilnehmer beim Üben von Grifftechniken an der LWS.

Bis zur Zwischenprüfung nach 1,5 Jahren, die aus einem schriftlichen Test (4 Stunden) und einer praktischen Prüfung an einem Kurskollegen bestand, schrieb der Ausbildungsvertrag 2 Wochen (à 40 Std.) Supervision bei autorisierten Supervisoren vor. Keiner wusste anfangs so recht, was man sich darunter vorzustellen hatte.

Ganz einfach: Jeder arbeitet in dieser Zeit unter Beobachtung in der Klinik/Praxis des Supervisors. Am Anfang war es schon ein recht seltsames Gefühl, dass einem in fremden Räumen und an fremden Patienten ständig jemand auf die Finger schaute. Aber dies war natürlich auch eine tolle Gelegenheit, immer wieder Fragen zu stellen, Probleme am Patienten zu analysieren und zu diskutieren -, einfach das praktische Handwerkszeug der Profis hautnah zu erleben!

Der 2. Ausbildungsabschnitt (OMT II) beinhaltete 1 theoretischen sowie 7 klinische und klinikorientierte Praxiskurse mit dem Schwerpunkt schnelle Mobilisationsgriffe an Extremitäten und Wirbelsäule (Abb. [3] u. 4). Wiederum hatten wir Gelegenheit, das Erlernte in 2 Supervisionswochen unter Beweis zu stellen.

Abb. 3 Theorieunterricht.

Abb. 4 Unser Lehrer Rainer Schwarz bei der Demonstration eines Traktionsgriffes für C0/1.

Neben Theorie und Praxis sollte die OMT-Ausbildung auch Einblick in wissenschaftliches Arbeiten geben. Das „richtige” Lesen von Veröffentlichungen, die Analyse und Interpretation von Fachartikeln und Studien, aber auch die Literatursuche via Internet waren weitere Themenschwerpunkte. Die Integration wissenschaftlicher Arbeiten nach den Kriterien einer Evidence-based Medicine hat ja bekanntermaßen entscheidende Bedeutung für die Zukunft der Physiotherapie.

Bis zum Abschlussexamen war dann jeder einzelne aufgefordert, eine Literatur- bzw. Patientenstudie mit der dazu notwendigen Literaturrecherche durchzuführen. Dies alles neben den Kurswochenenden, Beruf und Familie war wirklich ein hartes Stück Arbeit, da es bis jetzt nur wenige Veröffentlichungen in deutscher Sprache zu physiotherapeutisch relevanten Themen gibt. Daher musste auch das häufig schon länger beiseite gelegte Englisch wieder aufpoliert werden.

In dieser Zeit wurden wir oft von Freunden und Kollegen gefragt, warum wir uns das alles antun und eine so anspruchsvolle, zeitintensive Ausbildung, die natürlich auch ihren Preis hat (65 €/Kurstag) zu absolvieren. Jeder hatte seine eigenen, ganz persönlichen Gründe, von denen hier einige aufgezählt werden:

Die international anerkannte Ausbildung mit OMT-Zertifikat eröffnet in vielen Ländern (z. B. Australien) die Möglichkeit zum Quereinstieg mit gleichzeitiger Verkürzung in Master-Stundiengänge. Die DGOMT ist über ihren Dachverband DFAMT Mitglied in der IFOMT, die einen international gültigen Standard für die Ausbildung in der Orthopädischen Manipulativen Therapie mit international gültigem Abschluss entwickelte. Führungspositionen in Fachkliniken und Berufsfachschulen werden bevorzugt nach der Ausbildungsqualität der Bewerber vergeben. Die ca.1.200 Fortbildungsstunden der OMT-Ausbildung können dem nationalen und internationalen Vergleich standhalten und erhöhen die Chancen für einen beruflichen Aufstieg. Derzeit befindet sich unser Berufsstand wie das gesamte Gesundheitswesen in einer recht schwierigen Phase: Die striktere Reglementierung von Verordnungen erfordert ein höheres Maß an therapeutischer Effizienz, d. h. mit weniger Behandlungen muss mehr erreicht werden. Die detailliertere Befunderhebung nach den Prinzipien des Clinical reasoning ebenso wie die Qualität und Quantität der Techniken führen dank der hochwertigen Ausbildung zu einer schnelleren Problemlösung für den Patienten. Nicht zuletzt stellt der Ausbildungsstandard des Physiotherapeuten in der heutigen Zeit ein wichtiges Auswahlkriterium für Patienten dar. Die effektivere Arbeit des Therapeuten erspart Zeit und Geld. In der aktuellen Phase ständig reduzierter Kassen- bzw. Versicherungsleistungen und steigender Zuzahlungen ist die „richtige” Therapie ein wichtiges Kriterium für die Zufriedenheit des Patienten. Ein zufriedener ist auch ein treuer Patient, der durch Weiterempfehlung neue Kunden, d. h. Patienten für die Praxis gewinnt. Natürlich ist es für uns als Therapeuten auch ein schönes und befriedigendes Gefühl, mehr zu können sowie Erfolg und weniger Angst vor wirklich schwierigen Patienten zu haben. Eines meiner Ziele bestand darin, einfach besser zu werden, und dies konnte ich mit jedem Kurstag erreichen.

Wer nach dem bis jetzt Geschilderten glaubt, die OMT-Ausbildung hätte nur aus Arbeit und Lernen bestanden, hat nur eine Teilfacette erfasst: Nach getaner Arbeit, d. h. Kurstag, gab es stets ein gemütliches Beisammensein, nette Gespräche und jede Menge Spaß.

Unsere Instruktoren waren immer um eine kollegiale, freundschaftliche Atmosphäre bemüht und gaben uns nie das Gefühl, nur Schüler zu sein (Abb. [5]). In diesem Sinne noch einmal ein großes Lob und herzlichen Dank an alle Lehrer und Dozenten für ihr großes Engagement: Allen voran Rainer Schwarz, unserem „OMT-Vater”, ebenso Dr. Dieter Heinold, Dr. Eike Sauerbrey, Till Sauerbrey, Christian Gloeck, Matthias Zöller, Ulrike Tautenhahn, Heidi Sinz, Ralph Schunk, Dr. Magnus Ott, Jan Kool und Robert Pfund. Ein herzliches Dankeschön auch an alle Supervisoren, die bereit waren, uns an ihrem Wissen und Können teilhaben zu lassen.

Abb. 5 Das Lehrerteam der DGOMT e. V. (v. l. n. r.): Dr. Magnus Ott, Lasse Thue, Josef Hesslinger, Dr. Dieter Heinold, Rudi Raschhofer, Günther Baumeister, Ralph Schunk, Mathias Zöller, Ralf Kusch, Andreas Gattermeier, Sabine Gattermeier, Ute Donnhäuser und Matthias Burkert.

All das werden wir in Zukunft sicher vermissen, da nun die letzte Hürde der Ausbildung genommen ist: das OMT-Abschlussexamen. Dieses setzte sich aus einem 4-stündigen schriftlichen Test und einer praktischen Prüfung zusammen. Dazu musste ein dem Therapeuten unbekannter Patient befundet, dem Prüfungsgremium vorgestellt und anschließend vorbehandelt werden.

Natürlich waren alle extrem nervös und aufgeregt, aber schließlich wollten wir auch unter Beweis stellen, was wir gelernt hatten und können! Anschließend waren alle glücklich, das hochgesteckte Ziel erreicht zu haben.

Auch für die Zeit nach der OMT-Ausbildung schmieden wir schon Pläne. Auf jeden Fall wollen wir uns von Zeit zu Zeit wieder treffen, unsere klinischen Erfahrungen austauschen und an unseren Techniken feilen. Wunschthemen für Wochenendkurse gibt es auf jeden Fall jetzt schon genug!

Allen, die ich mit meinem Bericht neugierig gemacht habe, wird folgende Info-Adresse empfohlen:

Deutsche Gesellschaft für Orthopädische Manuelle Therapie (DGOMT) e. V., OMT-Büro, Sonnhalde 30 b, D-88709 Meersburg, Tel: 07 532/2121, Fax: 07 532/2122, E-mail: omt@physio-schwarz.de.

Maria Egginger

Email: info@physio-schwarz.de