Klin Monbl Augenheilkd 2006; 223(2): 141
DOI: 10.1055/s-2005-858942
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Blaufilter-Intraokularlinsen

Blue-Filter Intraocular LensesA. J. Augustin1
  • 1Augenklinik, Karlsruhe
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Publication Date:
17 February 2006 (online)

Die Diskussionen um die Sinnhaftigkeit der Anwendung von Blaufilter-Intraokularlinsen werden bedauerlicherweise nicht selten nicht nur unter wissenschaftlichen Aspekten geführt, sondern verlaufen häufig sehr emotional und unterliegen zusätzlich dem Einfluss von Linsenherstellern:

Diejenigen, die ein solches Produkt vertreiben, argumentieren verständlicherweise mit Datenmaterial, das für die Anwendung einer solchen Linse spricht, während Hersteller ohne ein solches Produkt Argumente gegen diese Linsentechnologie vorbringen.

Somit ist der Anwender nicht zuletzt auch wegen fehlender prospektiver Daten, die eindeutig belegen würden, dass der Einsatz solcher Linsen protektiv ist, verunsichert und auf die eigene Datensammlung angewiesen.

Diese Verunsicherung wird noch gefördert durch Berechnungen und Aussagen durchaus namhafter Ophthalmologen, die eine negative Beeinflussung des Nacht- und Dämmerungssehens durch Blaufilterlinsen vorbringen.

Umso wichtiger sind Arbeiten wie die in diesem Heft vorliegende von Mayer und Mitarbeitern, die zeigen, dass durch die Blaufilterlinsen zumindest keine Beeinträchtigung relevanter physiologischer Parameter induziert wird. Auch wenn wir davon ausgehen können, dass sich die Zulassungsbehörden davon überzeugt haben, dass Blaufilterlinsen keine Beeinträchtigung hervorrufen, sollte jedes Zentrum, das solche Linsen implantiert, ermutigt werden, Datenmaterial zu erheben und dies der ophthalmologischen Gemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Nur so wird es uns gelingen, weitere Klarheit in diese extrem kontrovers geführte Diskussion zu bringen.

Da mittlerweile mehrere Firmen Linsen herstellen, die einen mehr oder weniger großen Anteil des blauen Spektralbereiches filtern (z. B. „orange lens”), ist davon auszugehen, dass die Vermarktungsaktivitäten in der Zukunft noch zunehmen werden.

Bis zum Vorliegen von prospektivem Datenmaterial sollten wir uns daher als Augenärzte mit der gebotenen Distanz mit dieser Thematik wissenschaftlich auseinander setzen, um unseren Patienten entsprechende Ratschläge erteilen zu können.

Hier stehen uns derzeit sehr viele gesicherte experimentelle Ergebnisse zur Verfügung. Sie zeigen beispielsweise, dass Lipofuszin in Drusen als Photosensibilisator durch blaue Wellenlängen aktivierbar ist und über diesen Weg zu oxidativen Prozessen führen kann. Diese oxidativen Reaktionen sind in der Lage, über verschiedene Stoffwechselwege die Expression von Wachstumsfaktoren zu fördern. Dieser Stoffwechselweg könnte somit zur Dekompensation einer altersbedingten Makuladegeneration i. S. der Entwicklung einer chorioidalen Neovaskularisation beitragen.

Als weitere Argumente werden das vormals vorliegende gelbe Pigment der kristallinen Linse und epidemiologische Ergebnisse zur Dekompensation einer bestehenden trockenen Makuladegeneration nach der Kataraktoperation angeführt. Diese helfen, ein Risikokollektiv zu identifizieren. Hinzu kommen epidemiologische Befunde, die bei Makulagesunden keine vermehrte de-novo-Genese der altersbedingten Makuladegeneration nach Kataraktoperation gezeigt haben.

Zur Bestätigung der angeführten Argumentationsketten und Hypothesen können sowohl retrospektive Auswertungen als auch prospektive Studien beitragen, die bereits initiiert wurden und auch dringend erforderlich sind.

Prof. Dr. Albert J. Augustin

Augenklinik

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76133 Karlsruhe

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