Kernaussagen
Ätiologie
Unter den erworbenen Ursachen der Aortendissektion spielt der arterielle Hypertonus
eine wesentliche Rolle, Rauchen, Fettstoffwechselstörung und möglicherweise Crack/Cocain
potenzieren das Risiko der Erkrankung. Bei den vererbten Bindegewebserkrankungen mit
Beteiligung der Aortenwand sind das Marfan-Syndrom, das Ehlers-Danlos-Syndrom und
die familiäre Form der thorakalen Aneurysmen und Dissektionen wesentlich.
Charakteristika
Das intramurale Hämatom und die Ulzeration gelten als Vorläufer der Dissektion. Die
Dissektion selbst ist durch die Intimaablösung und ein dadurch entstehendes falsches
Lumen gekennzeichnet. Sie kann sich antegrad oder retrograd ausbreiten und über eine
Beteiligung von Seitenästen zur Malperfusion von Organen oder Extremitäten führen.
In der klinischen Praxis wird die Aortendissektion nach Stanford oder DeBakey klassifiziert,
obwohl diese Einteilungen die Pathologie der Erkrankung überhaupt nicht berücksichtigt.
Prognose
Die Mortalität bei Typ-A-Dissektion liegt mit chirurgischer Sanierung bei 20 % innerhalb
eines Monats, ohne operative Intervention bei 50 %. Häufigste Todesursachen sind Aortenruptur,
Schlaganfall, viszerale Ischämie oder Perikardtamponade. Die Mortalität bei Typ-B-Dissektion
liegt deutlich niedriger, insbesondere wenn keine Komplikationen auftreten.
Klinik und Diagnostik
Starke Brust-, Rücken- und Bauchschmerzen sind typische Zeichen einer Dissektion (insbesondere
wenn ein Hypertonus oder eine Bindegewebserkrankung anamnestisch eruierbar ist); bei
einer Typ-A-Dissektion können in ca. 20 % neurologische Störungen oder Synkopen Initialsymptom
sein. Im weiteren Verlauf sind Malperfusionssyndrome oft wegweisend.
Diagnostisch ist bei der klinischen Untersuchung auf Pulsdefizite oder Seitenunterschiede
zu achten, die auch eine prognostische Bedeutung haben. Entscheidend für die Diagnose
ist letztlich die nichtinvasive Bildgebung, wobei am häufigsten die CT und dann eine
TEE/TTE durchgeführt wird. Damit ist in der Regel auch eine Aussage über die Koronarien
möglich und in 10 - 25 % kann ein intramurales Hämatom abgegrenzt werden.
Therapie
Neben dem intensiven Monitoring und der Kontrolle von Blutdruck (durch Betablockade
und evtl. Nitroprussidnatrium Einstellung auf Werte um 110 mm Hg systolisch) und Schmerzen
sind vor allem die Indikationen zur sofortigen Intervention zu berücksichtigen:
hämodynamische Instabilität,
Dissektion (oder IMH) des Bogens und der Aorta ascendens,
großes Aortenulkus auf einer vorbestehenden Plaque,
periaortales Blut,
plötzlich auftretende Aorten- oder Koronarinsuffizienz bei gesicherter Dissektion.
Bei der Typ-A-Dissektion wird das gesamte dissezierte Segment der proximalen Aorta
und, wenn notwendig, des dissezierten Anteils des Aortenbogens ersetzt (Interpositionsgrafts
und Compositgrafts). Die Aortenklappe kann ggf. rekonstruiert werden. Die operative
Mortalitätsrate liegt zwischen 15 und 30 %.
Bei der Typ-B-Dissektion besteht eine Indikation zur Intervention, wenn lebensbedrohliche
Komplikationen auftreten oder verhindert werden müssen. Dabei ist die interventionelle
Therapie der Chirurgie mittlerweile überlegen, wobei ein spezialisiertes Team aus
interventionell tätigen Kardiologen oder Radiologen bzw. Gefäßchirurgen Voraussetzung
ist. Ziel der Intervention ist es, die Aorta komplett zu rekonstruieren. Eine weitere
Indikation ist die sog. stabile Typ-B-Dissektion, bei der - präventiv - die Aneurysmabildung
des falschen Lumens verhindert werden soll.
In der Nachsorge der Aortendissektion sind insbesondere die Blutdruckoptimierung (auf
unter 130/80 mmHg) und die regelmäßige Dokumentation des aortalen Befunds wesentlich.
Bei einem Durchmesser > 5,5 cm (Patienten mit Marfan-Syndrom 4,5 cm) ist eine chirurgische
Sanierung erforderlich, bei rascher Progression der Erkrankung auch früher.