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DOI: 10.1055/s-2005-863461
Chronifizierung bei somatoformer Schmerzstörung vor Diagnosestellung
Fragestellung: Welchem Ausmaß an Chronifizierung sind Patienten mit somatoformer Schmerzstörung vor Diagnosestellung im deutschen Gesundheitssystem ausgesetzt?
Methode: N=283 Patienten mit somatoformer Schmerzstörung (Diagnosesicherung durch SCID und fachübergreifende Ausschlussdiagnostik im Rahmen enger Kooperationsstrukturen eines Universitätsklinikums) wurden mit Hilfe eines strukturierten Interviews (MSBA) hinsichtlich Schmerzstärke und –dauer, Zahl bisher aufgesuchter Behandler, Häufigkeit und Dauer von Krankschreibungen, Zahl und Dauer von Krankenhausaufenthalten wegen ihrer Schmerzsymptomatik sowie Art und Ausmaß der Analgetikaapplikation untersucht.
Ergebnisse: Bei einer mittleren Schmerzstärke (Median) von 68 (VAS 0–100) dauert es im Dirchschnitt 93 Monate (Median) bis die Diagnose gesichert wird. In dieser Zeit wurden durchschnittlich 9 verschiedene Behandler (max 83!) aufgesucht; 21% hatte bereits einen speziellen Schmerztherapeuten aufgesucht! 72% der Patienten waren wegen der Schmerzsymptomatik mit einer mittleren Dauer von 20 Wochen (Median) krankgeschrieben. 82% nehmen Analgetika ein, 21% Opioide oder Opiate. 57% der Patienten hatten wegen der Schmerzsymptomatik Krankenhausaufenthalte, 21% drei und mehr. Die mittlere Aufenthaltsdauer liegt bei 5 Wochen (Median). Am häufigsten waren neben Allgemeinärzten Orthopäden aufgesucht worden.
Diskussion: Patienten mit somatoformen Störungen mit Leitsymptom Schmerz weisen ein erhebliches Ausmaß an Chronifizierung auf, bei dem auch iatrogene Einflussfaktoren bedeutsam sind. Bei einer Lebenszeitprävalenz von 12,3% in der deutschen Normalbevölkerung (TACOS-Studie, Mayer et al 2000, Grabe et al 2003) dürfte dies zu erheblichen Kosten im Gesundheitswesen beitragen. Im Hinblick auf eine frühere Erkennung sollten neben Hausärzten vor allem Orthopäden hier gezielter fortgebildet werden.
Gefördert von der DFG (Eg 125/1)