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DOI: 10.1055/s-2005-863517
Geschichte einer politisch unerwünschten Diagnose: Die posttraumatische Belastungsstörung – Geschichte der posttraumatischen Belastungsstörung
Obwohl intensive psychische Reaktionen auf das Erleben von Krieg und Gewalt bereits in der Antike beschrieben wurden, existiert eine offiziell anerkannte Diagnose erst seit 25 Jahren. Dieser Beitrag befasst sich mit der geschichtlichen Entwicklung der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ und beschreibt, warum es so lange gedauert hat bis diese Diagnose offiziell anerkannt wurde.
Eine erste Konzeption zur Ätiologie von psychischen Störungen nach Extrembelastung geht auf den Londoner Chirurgen Eric Erichsen zurück. Dieser stellte 1866 die einflussreiche These auf, dass psychische Symptome nach Eisenbahnunfällen auf Mikrotraumen des Rückenmarkes zurückzuführen seien („railroad spine syndrome“). Parallel dazu untersuchten Pierre Janet und Sigmund Freud die Ursachen der Hysterie. Allerdings widerrief Freud 1910 nach intensiver gesellschaftlicher Ablehnung seine ursprüngliche These von 1896, nach der jeder Fall von Hysterie durch vorzeitige sexuelle Erfahrungen in der frühesten Jugend verursacht sei. Im 1. und 2. Weltkrieg waren bis zu 10% der Soldaten dienstunfähig, da sie unter psychischen Zusammenbrüchen in Folge des Kriegsgeschehens litten („Granatenschock“). Der britische Militärpsychiater Charles Myers entwickelte kurze Therapien in der Nähe der Front, die unter Anwendung von „kathartischem Widererleben“ und Hypnose erfolgreich waren. Die Symptome der Vietnamveteranen nach Rückkehr in die USA, ihre politischen Aktivitäten und empirische Studien führten letztlich 1980 zu der Aufnahme der Diagnose „Posttraumatische Belastungsstörung“ in die 3. Auflage des diagnostischen Manuals der American Psychiatric Association (DSM-III).
Auch wenn das diagnostische Konzept der Posttraumatischen Belastungsstörung nicht ohne Kritik geblieben ist, so hat die offizielle Etablierung der Diagnose dazu geführt, dass das Leiden der Betroffenen heute anerkannt wird und dass spezifische und wirksame Therapien entwickelt werden konnten.
Key words
Diagnose - Geschichte - Posttraumatische Belastungsstörung