Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_083
DOI: 10.1055/s-2005-863519

Einstellungen und Erwartungen von Patienten zu depressiven Störungen und deren Behandlungsmöglichkeiten – Einstellungen zu depressiven Störungen

B Löwe 1, U Schulz 1, K Gräfe 1, S Wilke 1
  • 1Abteilung für Allgemeine Klinische und Psychosomatische Medizin, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg

Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Einstellungen von depressiven und nicht depressiven Patienten zur Depression und Depressionsbehandlung.

In einem querschnittlichen Design wurden 2 Stichproben von depressiven (N=87, Alter=41±14 Jahre, 66% weiblich) und nicht depressiven Patienten (N=91, Alter=41±13 Jahre, 67% weiblich) untersucht. Die Patienten wurden in 7 Ambulanzen einer medizinischen Universitätsklinik und 12 Hausarztpraxen rekrutiert (Teilnahmequote: 91%). Ein diagnostisches Interview (SKID-I) diente zur Diagnose depressiver Störungen. Offene Fragen–nach inhaltsanalytischen Methoden ausgewertet–wurden zur Erhebung der Einstellungen eingesetzt.

Unter den depressiven Patienten war Psychotherapie die am häufigsten bevorzugte Methode zur Behandlung depressiver Störungen (29%). 22% der Patienten wünschten sich eine Behandlung ihrer Depression durch ihre behandelnden Hausärzte bzw. Internisten, verlangten dafür aber substantielle Verbesserungen der Behandlungsbedingungen, bspw. mehr Zeit. Ein Viertel aller depressiven Patienten (25%) lehnte jede Form der Behandlung ab. Antidepressiva wurden nur von 6% der depressiven Patienten als bevorzugte Behandlungsmethode benannt. Obwohl Antidepressiva und Psychotherapie etwa gleich häufig eingesetzt wurden, gaben 36% der depressiven Patienten an, dass ihnen Psychotherapie geholfen hätte, während nur 11% angaben, dass ihnen Antidepressiva geholfen hätten. Im Vergleich zu den depressiven Patienten, kannten die nicht depressiven Patienten weniger Behandlungsmethoden für depressive Störungen.

Diese Studie zeigt, dass depressive Patienten Psychotherapie gegenüber Antidepressiva bevorzugen und dieser eine höhere Wirksamkeit zuschreiben. Obwohl sich viele Patienten eine Behandlung durch ihren Hausarzt wünschen, sehen sie hier Defizite, deren Verbesserung sie wünschen. Die Präferenz von Patienten für spezifische Behandlungsmethoden sollte bei der Beratung der Patienten berücksichtigt werden.