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DOI: 10.1055/s-2005-863584
Sexuelle Störungen: Prävalenz bei psychosomatischen Patienten
Die Häufigkeit sexueller Störungen wird leicht unterschätzt (Clement, 2002), so dass sexuelle Probleme oft erst erkannt werden, wenn sie sich bereits zu chronifizierten Störungen entwickelt haben. Die objektive Erfassung sexuellen Verhaltens und Erlebens erschwert sich durch den sozialen Kontext von Sexualität (Stauß & Heim, 1999). Befragungen von Allgemeinmedizinern in der Schweiz zeigen, dass ca. 4% aller Patienten die Allgemeinpraxis wegen sexueller Schwierigkeiten aufsuchen (Buddeberg et al., 1991). Eine Befragung in Hamburg ergab 1100 Patienten, die wegen eines primären sexuellen Problems einen Arzt aufsuchten, weitere 1200 beklagten eine sexuelle Störung als Nebensymptom (Schorsch et al., 1977). Bei 294 Patienten der Universitätsklinik für Psychotherapie und Psychosomatik Dresden wurden weder im Rahmen des standardisierten klinischen Interviews (DIAX) noch klinisch sexuelle Störungen diagnostiziert. Wenn zwei Items der SCL-90 im Sinne eines Screenings interpretiert werden, zeigen sich jedoch hohe Prävalenzen sexueller Beschwerden: 45,5% der Patienten berichteten ein stark bis sehr stark verringertes sexuelles Interesse und immerhin 11,2% der Patienten gaben an, sexuelle Vorstellungen zu haben, die ihnen unangenehm waren. Das Vorliegen sexueller Beschwerden war unabhängig von Alter, Geschlecht und Diagnose. In der Sexualforschung konnten sich aufgrund der Vielfalt und Spezifität sexualmedizinischer Fragestellungen bisher keine Standarddiagnostikmethoden durchsetzen (Bancroft, 1990). Die gefundenen Daten zeigen allerdings die Notwendigkeit einer differenzierteren Diagnostik zu sexuellen Funktionen, Funktionsstörungen und sexuellen Problemen, die sowohl standardisiert als auch klinisch erfolgen sollte.
Key words
Diagnostik - Prävalenz - Screening - Sexualstörung - sexuelle Probleme