Psychother Psychosom Med Psychol 2005; 55 - P_153
DOI: 10.1055/s-2005-863586

Risikotypen bei arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmustern und deren Bedeutung für Krankheitsverläufe und Behandlungsergebnisse

M Zielke 1, P Ciric 2
  • 1Wissenschaftsrat der AHG AG, Düsseldorf
  • 2Psychosomatische Fachklinik, Bad Dürkheim

Problemstellung:

Es ist eine bislang noch wenig beantwortete Fragestellung, welche arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster bei Patienten mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen hinsichtlich der klinischen Reaktionsbildungen und der Krankheitsverläufe von Bedeutung sind (Leidig, 2003). Dies ist insofern erstaunlich, als der Umgang mit Arbeit bezüglich der damit verbundenen Belastungen, aber auch der Ressourcen und die Befürchtungen um den Verlust des Arbeitsplatzes für die gesellschaftliche und die persönliche Wertigkeit von Arbeit eine vorrangige Rolle spielt (Bürger, 1997).

Methode:

Auf der Basis einer klinischen Stichprobe von 81 PatientInnen, die sich wegen psychischer und psychosomatischer Erkrankungen in eine stationäre verhaltenstherapeutische Behandlung und Rehabilitation begeben hatten, wurde untersucht, ob sich die von Schaarschmidt und Fischer (2001) beschriebenen arbeitsbezogenen Verhaltens- und Erlebensmuster (Gesundheitsmuster G, Gesundheitsmuster S „Schonung“, Risikomuster A „Typ A-Verhalten“, Risikomuster B „Burn-Out“) hinsichtlich ihrer klinischen Symptomatik unterscheiden und ob sich differenzielle Behandlungsverläufe nach stationärer verhaltensmedizinischer Rehabilitation ergeben.

Mit Hilfe eines pfadanalytischen Prädiktorenmodells sollte überprüft werden, ob sich das katamnestische Ausmass an Arbeitsstressoren durch die Ergebnisse der stationären Behandlungsverläufe vorhersagen lässt.

Ergebnisse:

Die Gesundheitstypen „Gesundheitsideal G“ und „Schonungstyp S“ unterscheiden sich von den Risikotypen „A“ und „B“ deutlich hinsichtlich der Ausprägung ihrer Angstsymptomatik, ihrer Depressivität, ihrer psychosomatischen Beschwerden und ihrer Lebenszufriedenheit im Vorfeld stationärer Behandlungen.

Für die Gesundheitsmuster und die Risikomuster lassen sich unterschiedliche unmittelbare (Aufnahme minus Entlassung) und langfristige (Aufnahme minus Katamnese) Ergebnisverläufe identifizieren. Die Effektstärken der den Risikomustern zugeordneten Patientengruppen erweisen sich als ausgeprägter als bei den Gesundheitsmustern.

Aus dem Kausalmodell zur Vorhersage der Arbeitsbelastungen nach zwei Jahren nach Behandlungsende ist ableitbar, dass der Grad an psychischer Stabilität zum Ende der stationären Behandlung als wichtigster Prädiktor identifiziert werden konnte. Die Veränderungen der Stressoren „Arbeitsplatzgefährdung und Abstiegsängste“ sowie erlebter „Arbeitsdruck und Überforderung“ stehen mit einer Verbesserung der Lebenszufriedenheit (kurzfristig und auch langfristig) in einem deutlichen Zusammenhang.

Diskussion und Bewertung:

Die den Gesundheitsmustern zugeordneten Patienten zeigen zu allen Messzeitpunkten weniger klinische Auffälligkeiten. Die Risikomuster-Patienten profitieren unter Berücksichtigung der Effektstärken in weitaus höherem Masse von der Behandlung; sie weisen jedoch im gesamten Untersuchungsverlauf höhere klinische Werte auf.

Um eine langanhaltende gesundheitliche Stabilisierung bei allen arbeitsbezogenen Verhaltensmustern zu erreichen, ist es erforderlich, stärker auf die Stärken und Schwächen des jeweiligen Mustertyps einzugehen und musterbezogene Interventionen zu entwickeln.