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Ekel ist ein beschwiegenes Symptom im palliativmedizinischen Handlungsfeld. Im Gegensatz zu allen übrigen Symptomen, die die Beschwerden der Patienten abbilden, handelt es sich beim Ekel in der Regel um ein Symptom der Therapeuten. Am häufigsten ist Ekel mit exulzerierenden Wunden und den damit verbundenen Sinneseindrücken verknüpft. V.a. Geruch, Entstellung, Sekretion und die eigene Phantasie und Erinnerung provozieren beim Behandler Abwehr und Vermeidung. Ärzte können sich meist durch Delegation von Behandlungsleistungen entziehen, Pflegende hingegen erleben die Konfrontation mit dem Ekelerregenden schutzlos und ohne die Möglichkeit des Rückzugs. Zu den direkten Reaktionen im Umgang mit dem Ekel gehören daher Verhaltensweisen, wie kurzzeitiges Verlassen des Behandlungsraumes unter Angabe irgendeines Vorwandes, Flucht in andere ablenkende Tätigkeiten, Erhöhen des Arbeitstempos oder Veränderung der Atmung. Die Konsequenzen sind daher vorprogrammiert: Einschränkung der Kommunikation, Verlust von Aufmerksamkeit, Schuld- und Schamgefühle bei beiden Parteien. Eine Beschädigung des Körperempfindens und des Selbstwertgefühls der Patienten ist untrennbar mit den Ekelgefühlen der Therapeuten verbunden. Die Empfindungen des Kranken stehen sozusagen denen des Gesunden direkt gegenüber. Eine Auflösung kann im Ansatz nur im geduldigen Respekt vor der Unverletzbarkeit der Persönlichkeit des Kranken gesucht und gefunden werden.