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DOI: 10.1055/s-2005-865491
Grenzbereich Neurologie: Hat Palliativmedizin einen Platz in der Betreuung von Patienten mit Multipler Sklerose?
Viele Patienten mit Multipler Sklerose (MS) and ihre Angehörigen leiden in körperlicher, psychosozialer und spiritueller Hinsicht, was bis zu Selbstmord oder aktiver Euthanasie führen kann. Aufgrund des teils fluktuierenden, teils chronischen Verlaufs steht MS bisher nicht im Blick der Palliativmedizin. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob schwer betroffene MS-Patienten in Deutschland Lücken in der Versorgung haben. Als erste Stufe wurde die Meinung der Mitglieder des Ärztlichen Beirates der Deutschen MS Gesellschaft (DMSG) mittels eines Fragebogens erhoben. Von den 24 Neurologen (60,4% Antwortrate) waren 87% Männer, 59% an einer Universität beschäftigt und hatten im Mittel 17,6 Jahre Berufserfahrung. Diese Gruppe sieht pro Monat etwa 1700 MS-Patienten, 2/3 davon ambulant. Aus ärztlicher Sicht leiden die Patienten am meisten an den Symptomen Ataxie, Depression, Inkontinenz und Fatigue. Eine lückenhafte Versorgung wird gesehen in psychosozialer Unterstützung (genannt von 71%), Ergotherapie (58%), Sprachtherapie (50%), Palliativbetreuung (46%), Krankengymnastik und spiritueller Unerstützung (je 42%), Pflege (38%) und ärztlicher Versorgung (29%). Etwa 600 Todesfälle sind dieser Ärztegruppe bekannt. Als Todesursachen wurden genannt Infekte, Suizid, Lungenembolie, Herzinfarkt, und Tumorerkrankung. 25% der antwortenden Neurologen waren um ärztlich unterstützten Selbstmord gebeten worden, 79% hatten mit strikter Ablehnung reagiert, 21% hatten palliative Maßnahmen vorgeschlagen. Zusammenfassend zeigen die Daten, dass aus Sicht erfahrener Neurologen in Deutschland durchaus Betreuungslücken für schwer betroffene MS-Patienten bestehen. Diese könnten durch Kooperation mit bereits bestehenden palliativmedizinischen Einrichtungen teilweise geschlossen werden.