Zeitschrift für Palliativmedizin 2005; 6 - 113
DOI: 10.1055/s-2005-865506

Können Schmerzen sinnvoll sein? Erste Ergebnisse von Patienten- und Bevölkerungsbefragungen

B van Oorschot 1, W Meissner 1, C Hausmann 1, J van Oorschot 1
  • 1Klinik für Radiologie, Jena

Objekt der Studie: Schmerzlinderung ist ein programmatisches Anliegen der Palliativmedizin. Dabei wird unterstellt, dass chronische Schmerzen unnötiges Leiden verursachen und dass die Patienten Schmerzfreiheit wünschen. Im klinischen Alltag aber sind Patienten manchmal trotz weiterbestehender Schmerzen zufrieden bzw. nicht unzufrieden mit dem Ergebnis der Schmerzbehandlung. Inwieweit dabei individuelle Sinnzuweisungen von Bedeutung sind, wurde bisher nicht untersucht. In der interdisziplinären Arbeitsgruppe interessierte die Frage nach dem empirischen Nachweis theoretisch erhobener Sinndimensionen von Schmerz. Methode: Zwischen Oktober 2002 und März 2003 wurden nach einer umfassenden Literaturrecherche 35 Items mit Aussagen zur Sinndeutung von Schmerzen formuliert und mit Fragen nach bisherigen Schmerzerfahrungen, der Religiosität und soziodemographischen Angaben ergänzt. Dieses Instrument wurde von April bis Juli 2003 einem Pretest im klinischen Kontext sowie im Juli 2004 im Rahmen einer Repräsentativbefragung in Mitteldeutschland unterzogen. Ergebnisse: Insgesamt wurden 110 Patienten (Altersdurchschnitt insgesamt 60,0 Jahre, 40% Frauen und 60% Männer) und 2007 repräsentativ ausgewählte Thüringer und Sachsen befragt (Altersdurchschnitt insgesamt 48,3 Jahre, 52% Männer und 48% Frauen; Befragung durch Projekt: Contor). Der Aussage „Irgendeinen Sinn wird es schon haben, wenn man Schmerzen hat“ stimmten 47% der Patienten und 58% der Bevölkerung zu. Der Aussage „Schmerzen sind eine Strafe Gottes“ stimmten 4% der Patienten und 3% der Bevölkerung zu. Immerhin 24% der Bevölkerung und 12% der Patienten stimmten der Aussage „Manche Schmerzen können ganz schön lustvoll sein“ zu. Schlussfolgerungen: Individuelle Sinnzuschreibungen sind relevante Aspekte im Umgang mit Schmerzen. In weiteren Untersuchungen wird zu klären sein, inwieweit die Einstellungsunterschiede auf weitere Kofaktoren der Befragtengruppen zurückzuführen sind.