Zusammenfassung
Ziel: Nozizeptive Stimulation kann während Allgemeinanästhesie zu Weckreaktionen führen.
Ziel der vorgestellten Untersuchung war, mittels topographischem Elektroenzephalogramm
(EEG) die hirnelektrische Aktivität unter endotrachealer Intubation während klinischer
Routine unter Narkoseeinleitung mit Propofol und Fentanyl zu quantifizieren.
Methode: Nach Genehmigung der Ethikkommission und schriftlicher Einwilligung wurden 25 Patienten
(38 ± 11 Jahre, 71 ± 11 kg, 169 ± 10 cm, ASA I-II) untersucht. Die Narkose wurde mit
Propofol und Fentanyl eingeleitet. Das EEG wurde bipolar an 8 Elektroden-Positionen
abgeleitet. Es wurde die relative Leistung in den Frequenzbändern Delta, Theta, Alpha
und Beta erfasst, wobei die Werte z-transformiert und altersbezogen standardisiert
wurden (Neurometrics Transformation). Neben den Referenzwerten (BL) im Wachzustand
wurden das EEG nach Prämedikation (PRE), nach Einleitung (NAR), nach Bewusstseinsverlust
(LOC) und nach Intubation (INT) erfasst. Herzfrequenz und Blutdruck wurden simultan
erfasst. Die Parameter wurden mittels multivariater Varianzanalyse zwischen den einzelnen
Messzeitpunkten verglichen (Hotellings T-Square; p ≤ 0,05 signifikant).
Ergebnisse: Die Intubation führte im EEG zur Zunahme der Alpha und Betafrequenzen unter Verlust
der Deltafrequenzen (F-Werte: Delta: 7,68, p = 0,011; Alpha 31,93; p < 0,001; Beta
12,85, p = 0,001). Die deutlichsten regionalen Veränderungen zeigten sich im Alphafrequenzband
sowohl unter Narkoseeinleitung (F-Wert 29,25, p < 0,001) als auch unter Intubation
(F-Wert: 33,89, p < 0,001). Die mittlere Dosis Propofol betrug 2,7 (± 1,2; Minimum:
0,5, Maximum 6,9) mg/kg KG und die mittlere Dosis Fentanyl 2 (± 1; Minimum 1, Maximum
4) µg/kg KG. Die Vitalparameter änderten sich unter Intubation nicht.
Schlussfolgerungen: Die Applikation von Propofol und Fentanyl in Dosierungen, wie sie unter klinischen
Routinebedingungen verabreicht werden, ist unzureichend, um eine funktionelle Änderung
der zerebralen Aktivität auf den Intubationsreiz zu verhindern. Die topographischen
EEG Veränderungen im Sinne eines „klassischen” Arousalphänomens werden als Aufwachreaktion
infolge der nozizeptiven Stimulation gedeutet. Die klinische Relevanz der EEG-Befunde
bleibt unklar. Die Kreislaufparameter, die sich konstant verhielten, waren nicht geeignet,
auf ein inadäquates Anästhesieniveau zum Zeitpunkt der Intubation hinzuweisen.
Abstract
Objective: We used quantitative analysis of the electroencephalogram (EEG) during routine clinical
practice to assess the effect of tracheal intubation following induction of anesthesia
with propofol and fentanyl.
Methods: The topographic EEG was recorded from eight bipolar electrode derivations in 25 patients.
Z-scores relative to age expected normative data were computed for relative power
in the delta, theta, alpha and beta frequency bands. Multivariate statistics (Hotellings'
t-sqare) were used to evaluate changes in regional brain electrical activity.
Results: Tracheal intubation induced an increase in alpha and beta frequencies, while delta
power was reduced (F-values: Delta: 7.68, p = 0.011; Alpha 31.93; p < 0.001; Beta
12.85, p = 0.001). The most pronounced regional effect was seen for the alpha frequency
band with the largest increase in both fronto-temporal regions (F-value 33.89, p <
0.001). During clinical practice the patients received propofol 2.7 (± 1.2; minimum:
0.5, maximum 6.9) mg kg- 1 and fentanyl 2 (± 1; minimum 1, maximum 4) µg kg- 1 . Vital parameters did not change during intubation.
Conclusion: Individual titration of the dose of propofol and fentanyl as done during routine
clinical practice is not sufficient to block the strong noxious stimulation of intubation.
Tracheal intubation resulted in „classical” cortical arousal. It remains open whether
this cortical wake-up phenomenon has a clinical impact.