Aktuelle Urol 2009; 40(2): 119-132
DOI: 10.1055/s-2005-873232
Operative Techniken

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Inguinale Lymphadenektomie beim Peniskarzinom

M. Horstmann1 , S. Corvin1 , M. Kuczyk1
  • 1Urologische Klinik, Universitätsklinikum Düsseldorf
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Publication Date:
18 March 2009 (online)

Einleitung

Nachweis und Ausdehnung des metastatischen inguinalen Lymphknotenbefalls repräsentieren die wichtigsten mit dem tumorspezifischen Überleben assoziierten Prognosefaktoren des Peniskarzinoms. Bei Patienten mit minimalem und einseitigem Lymphknotenbefall, fehlender extranodaler Extension und fehlendem Befall der pelvinen Lymphknoten ist die inguinale Lymphadenektomie in 80 % der Fälle kurativ. Vergrößerte Lymphknoten zum Zeitpunkt der operativen Therapie des Primärbefunds sind bei ca. 50 % der Patienten auf reaktive entzündliche Veränderungen zurückzuführen, sodass zunächst über 4–6 Wochen antibiotisch therapiert werden sollte. Erst bei Persistenz der Lymphadenopathie ist die inguinale Lymphadenektomie indiziert.

Herrscht Übereinstimmung bezüglich der Indikation zur inguinalen Lymphadenektomie bei zum Zeitpunkt der Therapie des Primärtumors palpatorisch vergrößerten Lymphknoten, so wird der diesbezüglich optimale Zeitpunkt (sofort oder zeitversetzt im Rahmen der Primärbehandlung) kontrovers diskutiert. Bei nichtpalpablen inguinalen Lymphknoten erfolgt die Indikationsstellung zur Lymphadenektomie im Sinne eines abgestuften Risikokonzeptes. Bei Patienten mit intermediärem (T 1 G 2 mit Angioinvasion) und hohem Risiko (T 2 oder G 3; Metastasierungsrisko: 68–73 %) erfolgt aufgrund des erhöhten Metastasierungsrisikos immer die bilaterale inguinale Lymphadenektomie. Die Rationale für die Lymphadenektomie im Rahmen eines multimodalen Therapiekonzeptes besteht neben dem exakten Tumorstaging, aus dem sich die Indikation für eine aggressive adjuvante Therapie ergeben kann, in der zumindest für selektierte Patienten nachgewiesenen Verbesserung des Langzeitüberlebens [2]. Als nachteilig gilt die noch immer ausgeprägte therapieassoziierte Morbidität, die trotz schonender Operationsverfahren 30–50 % betragen kann [1]. Häufig auftretende Komplikationen sind Wundheilungsstörungen, Hautnekrosen und Lymphödeme.

Im Rahmen der inguinalen Lymphadenektomie werden je nach Radikalität die oberflächlichen und tiefen inguinalen Lymphknoten entfernt. Die radikale Lymphadenektomie ist nach Behandlung des Primärtumors im Falle einer palpatorisch suspekten Lymphknotenvergrößerung indiziert [5]. Bei fixierten Lymphknoten ist ein operatives Vorgehen nach chemo- oder strahlentherapeutischer Behandlung allerdings als optional zu bewerten.

Bei klinisch unauffälligem Lymphknotenstatus erfolgt von einem Tumorstadium T 1 G 3 oder ≥ T 2 an zunächst die modifizierte Lymphadenektomie mit Schonung der V. saphena und einer Eingrenzung des bei radikalem Vorgehen empfohlenen Dissektionsfeldes, das durch das Leistenband, die Adduktorenmuskulatur, den M. sartorius und die Femoralgefäße begrenzt wird [3]. Bei Nachweis einer stattgehabten Metastasierung empfiehlt sich die Erweiterung des Eingriffes im Sinne eines radikal-operativen Vorgehens. Bei mehr als 2–3 metastatisch veränderten Lymphknoten erfolgt zusätzlich die ipsilaterale pelvine Lymphknotendissektion, wobei diese offen oder laparoskopisch durchgeführt werden kann. Entwickelt sich bei initialem Verzicht auf eine inguinale Lymphadenektomie eine metachrone Lymphknotenmetastasierung, ist auch zu diesem Zeitpunkt eine inguinale Lymphadenektomie indiziert.

Bestrebungen, die Morbidität des Eingriffes zu reduzieren, beinhalten neben der modifizierten Lymphadenektomie die gezielte Biopsie der Schildwächterlymphknoten („Sentinel-Node-Technik”) [4]. Immerhin ist bei der radikalen inguinalen Lymphadenektomie in etwa 50 % der Fälle mit einer Wundheilungsstörung zu rechnen. Diese Lymphknoten werden durch ein Radiopharmakon (99m Tc-markiertes Nanokolloid), das in den Penisstumpf injiziert wird, markiert. Im Rahmen der Lymphdrainage reichert es sich in den „Sentinel Nodes” an und wird hier präoperativ mittels einer Gammakamera und intraoperativ mittels einer Gammasonde detektiert. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit eines selektiveren operativen Vorgehens mit Verzicht auf eine erweiterte Lymphadenektomie bei negativem Schnellschnittbefund. Die zunächst nur einseitige Lymphknotendissektion im Bereich der Inguinalregion mit suspekterem Lymphknotenstatus stellt einen weiteren Versuch dar, die therapieassoziierte Morbidität zu reduzieren.

Literatur

  • 1 Bevan-Thomas R, Slaton J W, Pettaway C A. Contemporary morbidity from lymphadenectomy for penile squamous cell carcinoma: the M. D. Anderson Cancer Center Experience.  J Urol. 2002;  167 1638-1642
  • 2 Horenblas S. Lymphadenektomie for squamous cell carcinoma of the penis. Part 2: the role and technique of lymph node dissection.  BJU Int. 2001;  88 473-483
  • 3 Jacobellis U. Modified radical inguinal lymphadenectomy for carcinoma of the penis: technique and results.  J Urol. 2003;  169 1349-1352
  • 4 Perdona S, Gallo L, Claudio L et al. Role of crural inguinal lymphadenectomy and dynamic sentinel lymph node biopsy in lymph node staging in squamous-cell carcinoma of the penis. Our experience.  Tumori. 2003;  89 (Suppl) 276-279
  • 5 Solsona E, Algaba F, Horenblas G et al. Guidlines on penile cancer. European Association of Urology. Update March 2004

Dr. med. M. Horstmann

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