Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2005; 15 - A47
DOI: 10.1055/s-2005-917905

Skelettmuskelkraft und krankheitsunspezifische Lebensqualität bei Patienten vor Behandlung mit transjugularen intrahepatischen portosystemischen Stent-Shunt (TIPS)

K Pieber 1, GF Wiesinger 1, A Gendo 1, M Quittan 1, M Peck-Radosavljevic 1, V Fialka-Moser 1, R Crevenna 1
  • 1Univ.-Klinik für PMR, Wien

Fragestellung: Bei Patienten mit durch ösophageale Varizenblutung, intraktablen Aszites, Budd-Chiari-Syndrom und Portalvenenthrombose komplizierter Leberzirrhose gilt die Behandlung mit transjugularen intrahepatischen portosystemischem Stent-Shunt (TIPS) als Methode der Wahl. Von den betroffenen Patienten ist aus der klinischen Routine bekannt, dass sie in der Zeit vor der TIPS-Implantation neben krankheitstypischen Defiziten als Resultat der Schwere ihrer Grunderkrankung auch sehr häufig über Kraftverlust und enorme Einbußen in der Lebensqualität berichten. Bis dato liegen kaum wissenschaftliche Daten zur Kraft der Skelettmuskulatur bzw. der Lebensqualität dieser Patientengruppe vor. Ziel dieser Untersuchung war die Bestimmung der motorischen Grundeigenschaft „Kraft“ und die Objektivierung der krankheitsunspezifischen Lebensqualität, sowie deren Vergleich mit einer gesunden Referenzstichprobe.

Methode: 29 Patienten (n=29, Alter: 55±10 Jahre, m:f=20:9) alkoholische Leberzirrhose: n=17, Hepatitis B oder C: n=8, Budd-Chiari-Syndromn: n=3, kryptische Leberzirrhose: n=1) wurden in die als Querschnittsuntersuchung konzipierte Pilotstudie eingeschlossen. Zur Feststellung der motorischen Grundeigenschaft „Kraft der Skelettmuskulatur“ wurden eine isokinetische Dynamometrie der Oberschenkelmuskulatur (CYBEX) sowie die Bestimmung der Handkraft (JAMAR-Handdynamometer) durchgeführt. Um einen Überblick über die Lebensqualität der Patienten zu gewinnen, wurde der SF-36 Health Survey verwendet. Dieses krankheitsunspezifische Fragebogeninstrument wurde eingesetzt, um die Ergebnisse dieser schwerkranken Untersuchungspopulation auf eine gesunde Referenzpopulation zu übertragen.

Ergebnis: Zwischen den Krankheitsbildern unterschiedlicher Ätiologie ergaben sich keine signifikanten Unterschiede für die erhobenen Parameter. Insgesamt handelte es sich bei der untersuchten Population um schwerstkranke Patienten – vier der eingeschlossenen Patienten verstarben noch vor der TIPS-Implantation!

Die Messung der isokinetischen Muskelkraft der Oberschenkelstreckmuskulatur der dominanten Extremität ergab 74±30 Nm bzw. 99±39% (in Relation zum Körpergewicht). Die Handkraftmessung ergab an der dominanten Extremität 44±17kg. Die Evaluierung der krankheitsunspezifischen Lebensqualität zeigte – verglichen mit der gesunden Referenzstichprobe – eine deutliche Einschränkung in sämtlichen Domänen.

Diskussion: Die Ergebnisse dieser Pilotstudie weisen darauf hin, dass Patienten vor Implantation eines TIPS – bei nicht im selben Maße eingeschränkter Handkraft – eine hochgradig reduzierte Muskelkraft der Oberschenkelstreckmuskulatur haben.

Weiters zeigen Patienten vor TIPS-Implantation deutliche Einschränkungen der krankheitsunspezifischen Lebensqualität, was eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionen der Patienten im Sinne der ICF nach sich zieht. Die vorliegenden Ergebnisse weisen insgesamt auf die hohe klinische Relevanz adäquater (auf diese Patientengruppe abgestimmter) Rehabilitationsmaßnahmen hin.