Fragestellung: Bei Patienten mit durch ösophageale Varizenblutung, intraktablen Aszites, Budd-Chiari-Syndrom
und Portalvenenthrombose komplizierter Leberzirrhose gilt die Behandlung mit transjugularen
intrahepatischen portosystemischem Stent-Shunt (TIPS) als Methode der Wahl. Von den
betroffenen Patienten ist aus der klinischen Routine bekannt, dass sie in der Zeit
vor der TIPS-Implantation neben krankheitstypischen Defiziten als Resultat der Schwere
ihrer Grunderkrankung auch sehr häufig über Kraftverlust und enorme Einbußen in der
Lebensqualität berichten. Bis dato liegen kaum wissenschaftliche Daten zur Kraft der
Skelettmuskulatur bzw. der Lebensqualität dieser Patientengruppe vor. Ziel dieser
Untersuchung war die Bestimmung der motorischen Grundeigenschaft „Kraft“ und die Objektivierung
der krankheitsunspezifischen Lebensqualität, sowie deren Vergleich mit einer gesunden
Referenzstichprobe.
Methode: 29 Patienten (n=29, Alter: 55±10 Jahre, m:f=20:9) alkoholische Leberzirrhose: n=17,
Hepatitis B oder C: n=8, Budd-Chiari-Syndromn: n=3, kryptische Leberzirrhose: n=1)
wurden in die als Querschnittsuntersuchung konzipierte Pilotstudie eingeschlossen.
Zur Feststellung der motorischen Grundeigenschaft „Kraft der Skelettmuskulatur“ wurden
eine isokinetische Dynamometrie der Oberschenkelmuskulatur (CYBEX) sowie die Bestimmung
der Handkraft (JAMAR-Handdynamometer) durchgeführt. Um einen Überblick über die Lebensqualität
der Patienten zu gewinnen, wurde der SF-36 Health Survey verwendet. Dieses krankheitsunspezifische
Fragebogeninstrument wurde eingesetzt, um die Ergebnisse dieser schwerkranken Untersuchungspopulation
auf eine gesunde Referenzpopulation zu übertragen.
Ergebnis: Zwischen den Krankheitsbildern unterschiedlicher Ätiologie ergaben sich keine signifikanten
Unterschiede für die erhobenen Parameter. Insgesamt handelte es sich bei der untersuchten
Population um schwerstkranke Patienten – vier der eingeschlossenen Patienten verstarben
noch vor der TIPS-Implantation!
Die Messung der isokinetischen Muskelkraft der Oberschenkelstreckmuskulatur der dominanten
Extremität ergab 74±30 Nm bzw. 99±39% (in Relation zum Körpergewicht). Die Handkraftmessung
ergab an der dominanten Extremität 44±17kg. Die Evaluierung der krankheitsunspezifischen
Lebensqualität zeigte – verglichen mit der gesunden Referenzstichprobe – eine deutliche
Einschränkung in sämtlichen Domänen.
Diskussion: Die Ergebnisse dieser Pilotstudie weisen darauf hin, dass Patienten vor Implantation
eines TIPS – bei nicht im selben Maße eingeschränkter Handkraft – eine hochgradig
reduzierte Muskelkraft der Oberschenkelstreckmuskulatur haben.
Weiters zeigen Patienten vor TIPS-Implantation deutliche Einschränkungen der krankheitsunspezifischen
Lebensqualität, was eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionen der Patienten
im Sinne der ICF nach sich zieht. Die vorliegenden Ergebnisse weisen insgesamt auf
die hohe klinische Relevanz adäquater (auf diese Patientengruppe abgestimmter) Rehabilitationsmaßnahmen
hin.