Hintergrund/Ziele: Ziel dieser Fortsetzungsstudie ist es, Formen des Zusammenwirkens von professioneller
medizinischer Versorgung und Selbsthilfegruppen in einer Region nach 12 Jahren zu
bilanzieren sowie Potentiale und Bedarfe zu beschreiben. Material und Methoden: Studienregion ist Ostwestfalen-Lippe. Befragt wurden 140 niedergelassene Ärzte (Zufallsauswahl,
47% Beteiligung) und 167 Selbsthilfegruppen (=69% Beteiligung). Ergebnisse: Die Zahl der Ärzte mit Kontakt zu SHGn hat sich in den letzten Jahren erhöht: von
43,8% im Jahr 1989, 52,2% im Jahr 1992 auf 58,6% im Jahr 2003. In den letzten 12 Monaten
hatten 35,7% der Ärzte einen SHG-Kontakt. Bei Ärzten mit SHG-Kontakt in den letzten
12 Monaten fand sich eine z.T. signifikant positivere Sichtweise von Selbsthilfegruppen
im Vergleich zu den anderen Ärzten (p<0,05). Außerdem rieten sie Patienten signifikant
öfter zur SHG-Teilnahme. Für die letzten 12 Monate gaben 65,3% der Selbsthilfegruppen
Kontakte zu Ärzten an: Gruppen Organkranker (72,7%), Abhängigkeitskranker (57,1%),
Behinderter (50,0%) psychisch Kranker (38,5%); feste Kontakte lagen bei 25,1% der
Gruppen vor. Der Zugang neuer Mitglieder zur Gruppe erfolgt primär durch Hinweise
von Bekannten oder Betroffenen (73,1% der Gruppen), Arztempfehlung (38,3%) und Infos
in der Zeitung (35,9%). Hauptsächliche Wünsche der Gruppen an Ärzte waren u.a. vermehrte
Kooperationsbereitschaft, Akzeptanz des Erfahrungswissens der Betroffenen, eine stabile
ärztliche Ansprechpartnerschaft. Vorteile einer (verstärkten) Kooperation sehen die
Gruppen nicht nur für die eigenen Anliegen, sondern für eine verbesserte Versorgung
chronisch Kranker allgemein. Schlussfolgerungen und Diskussion: SHGn sind intermediäre „Instanzen“ zwischen den von chronischer Erkrankung betroffenen
Menschen und dem professionellen Versorgungs- und Expertensystem. Die Kooperation
von Ärzten und Selbsthilfegruppen ermöglicht einen Kommunikationsfluss in beide Richtungen
mit Lerneffekten und praktischen Handlungsanstößen.