Zentralbl Gynakol 2005; 127 - A11
DOI: 10.1055/s-2005-920971

Entwicklung eines klarzelligen Adenokarzinoms auf dem Boden einer Endometriose der Episiotomienarbe. Diagnostische und therapeutische Probleme – ein Fallbericht

S Hiebl 1, A Reinthaller 2, G Ruschitzka 1, W Stummvoll 1
  • 1Gynäkologische Abteilung, Krankenhaus Barmherzige Schwestern Linz
  • 2Universitäts – Frauenklinik Wien

Anamnese: Wir berichten über eine 46 jährige Patientin, bei der 1979 erstmalig eine von einer Episiotomienarbe ausgehende symptomatische Endometriose reseziert wurde. In den Jahren 1979–1995 kommt es trotz mehrfacher medikamentöser Therapien mit GnRH-Agonisten, Gestagenen und Danazol zu wiederholten pararektalen und vaginalen Rezidiven, welche jeweils einer chirurgischen Sanierung bedürfen. Aktueller Verlauf: 8 Jahre später, im März 2003, zeigen sich erstmalig atypische Zellen in einem symptomatischen, pararektal sublevatorisch diffus infiltrativ wachsenden Rezidiv. Die histologische Zuordnung ist schwierig, eine Konsiliarbegutachtung durch Prof. Dietel (Charite, Berlin) bringt als Ergebnis eine peritoneale Endometriose und Implantate eines serös papillären Tumors, wobei eine eindeutige Feststellung der Dignität aus dem vorhandenen Material nicht getroffen werden kann. Aufgrund neuerlichen Tumorwachstums erfolgt im September 2003 eine kombinierte laparoskopische und vaginale Excision des Tumors. Histologisch findet sich nun erstmalig ein klarzelliges Adenokarzinom auf dem Boden einer Endometriose. Die Tumorformationen erscheinen teils solid, teils organoid, papillär und retrospektiv kann festgestellt werden, dass bereits im März 2003 ein klarzelliges Karzinom vorlag. CA 12–5 wird nicht exprimiert. Die Excision konnte leider histologisch nicht im Gesunden erfolgen. Es wird eine Chemotherapie mit Cisplatin und Doxorubicin angeschlossen. Diese ist nicht effektiv, der Tumor bleibt progredient. Im April 2004 erfolgt an der Univ. Frauenklinik Wien eine abdominoperineale Tumorexstirpation unter Entfernung des Rektums und Anus, oberflächlicher Anteile des Levator ani sowie des Os coccygeum und der rechten lateralen Scheidenwand bis zum Introitus vaginae sowie eine Hysterektomie und Adnexektomie beidseits. Histologisch zeigt sich wieder ein mäßiggradig differenziertes klarzelliges Adenokarzinom. Darmresektionsränder, Uterus und beide Adnexe sind tumorfrei, so dass auf eine adjuvante Tumortherapie verzichtet wird. Die Patientin bleibt bis April 2005 tumorfrei, dann zeigt sich allerdings der Verdacht auf eine beginnende hepatale Filialisierung. Diesbezüglich findet derzeit eine weitere Abklärung statt. Schlussfolgerung: Die Entwicklung eines Karzinoms auf dem Boden einer Endometriose ist in der Literatur mit einer Inzidenz von 1% bis 10% gut beschrieben (1). Deutlich häufiger betroffen als extragonadale Manifestationen (20%) ist das Ovar (80%).Extragonadale Lokalisationen betreffen vor allem das Rektosigmoid und Septum rektovaginale, Blase, Bauchwand, Vagina, Tube, Parametrien, Inguinalregion und zwar vorwiegend bei postmenopausalen Patientinnen. Histologisch handelt es sich hierbei vor allem um endometroide oder klarzellige Karzinome. Unseres Wissens nach sind in der Literatur derzeit jedoch nur zwei Fälle einer Karzinomentwicklung auf dem Boden einer Endometriose ausgehend von einer Episiotomienarbe beschrieben. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Endometriose – assoziierte Malignome eine relativ günstigere Prognose aufweisen dürften als nicht Endometriose – assoziierte (2).

Literatur: 1) U. Ulrich, O. Richter, E. Wardelmann, M. Valter, R. Schmutzler, M Sillem, M. Possover, P. Mallmann. Endometriose und Malignom. Zentralbl Gynäkol 2003; 125:239

2) Modesitt SC, Tortolero Luna G, Robinson JB et al: Ovarian and Extraovarian Endometriosis-Associated Cancer. Obstet Gynecol 2002;100:788