Zentralbl Gynakol 2005; 127 - A4
DOI: 10.1055/s-2005-923398

Walter-Stoeckel-Vortrag: Stand der Weiterbildungssituation in der gynäkologischen Onkologie in Deutschland und Europa

MW Beckmann 1
  • 1Frauenklinik Universitätsklinikum Erlangen, Erlangen

Mit der Novellierung der (Muster-)Weiterbildungsordnung und (Muster-)Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung der Bundesärztekammer ist das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe neu strukturiert und ergänzt wurde.

Im Gegensatz zu den vorhergehenden 6 verschiedenen Bezeichnungen existieren nach April 2004 nur noch 3 Weiterbildungsstrukturen: (1) Das Gebiet: Frauenheilkunde und Geburtshilfe, (2) Die Schwerpunkte: Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin, Spezielle Geburtshilfe und Perinatalmedizin und der neue Gynäkologische Onkologie sowie (3) die Zusatzweiterbildung. Die (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer muss nach ihrer Verabschiedung im Mai 2004 in den einzelnen Landesärztekammern ratifiziert werden.

Das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe: Frauenheilkunde und Geburtshilfe bestand bisher aus dem Gebiet und den fakultativen Weiterbildungen. Es gab bis dato keine Schwerpunkte. Durch diese neue Strukturierung in Gebiet bzw. Schwerpunkt und Wegfall der fakultativen Weiterbildung Operative Gynäkologie haben sich Veränderungen, insbesondere in Bezug auf die Richtzahlen ergeben. So umfassen die operativen Eingriffe im Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe jetzt eine Gesamtzahl von 300. Darüber hinaus gehören auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden mit auf die Schwerpunkt-Weiterbildung ausgerichtete Inhalte wie Kolposkopien, die Infusions-, Transfusions- und Blutersatztherapie, enterale und parenterale Ernährung, die Anfertigungen von zytologischen Abstrichpräparaten und Ultraschalluntersuchungen.

Der Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie: Für den neu eingerichteten Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie, der nicht deckungsgleich mit der vormaligen fakultativen Weiterbildung Operative Gynäkologie ist, musste ein neues Curriculum und eine neue Prüfungsordnung erarbeitet werden. Der Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie hat das Ziel aufbauend auf der Facharztweiterbildung die Erlangung der Schwerpunktkompetenz nach Ableistung der vorgeschriebenen Weiterbildungszeiten und Weiterbildungsinhalt zu erlangen. Die Weiterbildungszeit umfasst 36 Monate an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2, wovon 12 Monate während der Facharztweiterbildung und 6 Monate im ambulanten Bereich abgeleistet werden können. Zum Weiterbildungsinhalt gehört der Erwerb von Kenntnissen, Erfahrungen und Fertigkeiten in Erkennung und Behandlung der bösartigen Erkrankungen des weiblichen Genitale und der Brust, chemotherapeutischen und hormonellen Verfahren, molekularbiologischen onkogenetischen immunmodulatorischen, supportiven und palliativen Verfahren, organ- und fertilitätserhaltenden Verfahren und radikalen Behandlungsverfahren.

Die Zusatzweiterbildung: beinhaltet Spezialisierung in Weiterbildungsinhalten, die zusätzlich zu den Facharzt- und Schwerpunktweiterbildungsinhalten abzuleisten sind. Wer in den Zusatzweiterbildungen die vorgeschriebenen Weiterbildungsinhalte und –zeiten abgeleistet und in einer Prüfung, die dafür erforderliche fachliche Kompetenz nachgewiesen hat, kann die Zusatzbezeichnung bekommen. Die Zusatzbezeichnungen dürfen zusammen mit der Facharztbezeichnung geführt werden und sind bestimmten Gebieten zugeordnet. In Bezug auf die Qualifikation im Rahmen der onkologischen Tätigkeit und des Schwerpunktes Gynäkologische Onkologie sind insbesondere die Zusatzweiterbildungen Palliativmedizin, Spezielle Schmerzmedizin und Schmerztherapie, medikamentöse Tumortherapie, Röntgendiagnostik (fachgebunden), MRT (fachgebunden) und die Gynäkologische Exfoliativ-Zytologie von herausragender Bedeutung.

Internationalisierung der Facharztweiterbildung – Zertifizierung durch das European Board and College of Obstetrics and Gynaecology (EBCOG) und der European Society of Gynaecology Oncology (ESGO): Unter dem Dach der European Union of Medical Specialists (UEMS) haben sich die Europäischen Fachgesellschaften zusammengeschlossen, um eine Vereinheitlichung der europaweiten Ausbildung und Qualifikation zu ermöglichen. Für das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe hat unter dem Dach der EBCOG eine Vereinheitlichung in die Möglichkeit zur Facharztweiterbildung und in vier Schwerpunkte gefunden. Während die Zertifizierung als Ausbildungsklinik durch die EBCOG gewährleistet ist, findet die Festlegung der Inhalte und Zertifizierung durch die europäischen Fachgesellschaften statt. Für den Bereich Gynäkologische Onkologie erfolgt dieses über die ESGO. 2001 wurde durch die ESGO ein erstes Dokument mit Kriterien für ein „European Gynecological Cancer Center“ erarbeitet. In den darauf folgenden Jahren wurde nach intensiver Diskussion zwischen UEMS, EBCOG und ESGO der endgültige europaweit standardisierte Katalog festgeschrieben.

Durch die Anerkennung von gynäko-onkologischen Zentren, und damit gynäko-onkologischen Ausbildungsstätten, wird es möglich sein, einen standardisierten europäischen Ausbildungsstand zu erreichen.

Insgesamt birgt der neu eingerichtete Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie die Möglichkeit zu einer guten Positionierung des Faches Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit dem Schwerpunkt Gynäkologische Onkologie. Die Herausstellung der Kompetenz im Rahmen der Betreuung von Frauen mit Krebserkrankung jetzt auch durch die führungsberechtigte Bezeichnung des Schwerpunktes Onkologie stützt das Gebiet Frauenheilkunde und Geburtshilfe in seiner Gesamtheit und verhindert eine Zersplitterung.

Literatur beim Verfasser

www.blaek.de

www.bundesaerztekammer.de

www.ebcog.org

www.esgo.org

www.ago-online.org