Suchttherapie 2005; 6 - A23
DOI: 10.1055/s-2005-923744

Mixgetränke und Jugendkulturen als Bedingung des Exzessivtrinkens bei Kindern und Jugendlichen

M Pape 1, O Reis 1, F Häßler 1
  • 1Klinik für Psychiatrie, Neurologie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität Rostock

Untersuchungsgrund:

Die Studie exploriert Ursachen für exzessiven Alkoholkonsum (Binge-Drinking) bei Kindern- und Jugendlichen.

Stichprobe:

Untersucht wurden Kinder- und Jugendliche (n=48, davon 23 Mädchen, 25 Jungen) im Alter von 10 bis 17 Jahren mit problematischem Alkoholkonsum, insbesondere nach einer akuten Alkoholintoxikation. Das Durchschnittsalter betrug 15,08 Jahre (Standartabweichung=1,63 Jahre). Die Patienten wurden über das Bundesmodellprojekt Hart am Limit – HaLT erreicht. HaLT ist ein spezielles Hilfsangebot für Kinder und Jugendliche mit riskantem Alkoholkonsum, insbesondere mit Alkoholvergiftung. Im Raum Rostock und Landkreis Güstrow wird das Bundesmodellprojekt als Spezialsprechstunde umgesetzt. Die intoxikierten Kinder und Jugendlichen wurden im Zeitraum Oktober 2004 bis Juni 2005 noch während ihres Klinikaufenthaltes von der Projektärztin aufgesucht.

Methode:

Mit den Kindern und Jugendlichen wurde während des Stationsaufenthaltes ein Kontaktgespräch geführt, währenddessen individuelle Daten zur psychosozialen Situation und den Umständen der Intoxikation erhoben wurden. Grundlage der erhobenen Daten ist der Brückengesprächsbogen für das Bundesmodellprojekt sowie weitere themenbezogene Patienteninformationen aus dem ärztlichen Gespräch. Für die Untersuchung von Alterseffekten wurde die Stichprobe am Median gesplittet. Zusammenhänge zwischen Alter, Geschlecht und abhängigen Variablen wurden mit dem χ2 Test untersucht.

Hypothesen:

  • Binge-Drinking bei Kindern und Jugendlichen ist ein Effekt der Einführung alkoholischer Mixgetränke (Alkopops).

  • Binge-Drinking ist ein Effekt einer spezifischen Jugendtrinkkultur.

Ergebnisse:

Mixgetränke sind nur teilweise verantwortlich für Binge-Drinking. Bei der Hälfte aller Intoxikationen spielten Mixgetränke eine Rolle. Die restlichen Intoxikationen waren auf Destillate, Bier, Wein und Likör ohne die Beteiligung von Mixgetränken zurück zu führen. Das Konsummuster hing weder mit dem Alter noch mit dem Geschlecht der intoxikierten Kinder und Jugendlichen aus den vorläufigen Quellen zusammen.

Spezifische Jugendtrinkkulturen scheinen ebenso von Bedeutung für Binge-Drinking zu sein. Über 90% aller Intoxikationen fanden im Freundskreis statt. In 67% der Fälle wurde der Alkohol über Freunde besorgt. Über die Hälfte (58,6%) aller Intoxikationen fielen auf einen Freitag oder einen Sonnabend. Bevorzugte Trinkorte und –gelegenheiten sind Parties (63,8%), Jugendtreffs oder Kneipen (42,6%), aber auch die eigene Wohnungen (38,3%). Etwa 15% konsumierten dabei mit Duldung ihrer Eltern.

Die Konsumorte erwiesen sich als weitgehend unabhängig von Alter und Geschlecht der Intoxikierten. Nur Jungen unter 16 Jahren konsumierten überzufällig häufig im Freien (L2 =3,967, df=1, p=0,04).