Geburtshilfe Frauenheilkd 2006; 66(12): 1150-1155
DOI: 10.1055/s-2006-924696
Originalarbeit

Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

13. Mitteilung: Zum Einfluss vorausgegangener Totgeburten auf das mittlere Geburtsgewicht, die Frühgeborenenrate und den somatischen Entwicklungsstand Neugeborener

Analyse des Neugeborenenkollektivs der Jahre 1995 - 1997 der Bundesrepublik Deutschland13th Report: The Influence of Previous Stillbirths on Average Birthweight, Rate of Prematurity and Somatic Classification of NeonatesAnalysis of the Neonatal Collective for the Years 1995 - 1997 in the Federal Republic of GermanyD. Olbertz1 , M. Voigt2 , C. Fusch2 , P. Markert3 , K. Hartmann4 , V. Briese5
  • 1Abt. Neonatologie und Neonatologische Intensivmedizin, Klinikum Südstadt, Rostock
  • 2Abt. Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald
  • 3Deutsches Wachstumszentrum Berlin
  • 4Praxis für Pädiatrische Endokrinologie, Frankfurt
  • 5Universitätsfrauenklinik und Poliklinik am Klinikum Südstadt, Rostock
Further Information

Publication History

Eingang Manuskript: 12.9.2006

Akzeptiert: 4.10.2006

Publication Date:
22 December 2006 (online)

Zusammenfassung

In einer retrospektiven Analyse wurden die Daten der deutschen Perinatalerhebung der Jahre 1995 - 1997 dahingehend überprüft, welchen Einfluss vorausgegangene Totgeburten bei Müttern auf das mittlere Geburtsgewicht, die Frühgeborenenrate sowie auf die somatische Klassifikation der Neugeborenen ausüben. Aus 1,8 Mill. perinatologischen Datensätzen wurden Mütter mit vorausgegangenen Lebendgeburten, Aborten und Schwangerschaftsabbrüchen ausgeschlossen, d. h., es kamen nur Fälle in die Auswertung mit anamnestischer Belastung durch Totgeburten (Exponierte Gruppe: n = 2649). Als Vergleichsgruppe dienten alle Neugeborenen von Müttern ohne vorausgegangene Lebendgeburten, Totgeburten, Aborte und Abbrüche (n = 674 814). Durch die hohe Fallzahl war es möglich, ganz bestimmte Altersjahrgänge einzeln zu betrachten. Das mittlere Geburtsgewicht wird durch vorausgegangene Totgeburten reduziert. Die Verringerung des Geburtsgewichtes beträgt in den verschiedenen Altersjahrgängen 69 - 163 g. Bei 20-jährigen Müttern mit vorausgegangenen Totgeburten erhöhte sich die Frühgeborenenrate um das 2,8-fache gegenüber Neugeborenen unbelasteter Mütter (7,8 auf 21,6 %) und bei 30-jährigen Müttern um das 2,3-fache (8 auf 18,3 %) bei Vorliegen von Totgeburten. Die Zunahme des Anteils hypotropher, eutropher und hypertropher Frühgeborener durch vorausgegangene Totgeburten geht vor allem zu Lasten des Anteils eutropher Termingeborener (- 10,3 %). Anhand unserer Ergebnisse schlussfolgern wir, dass anamnestisch mit Totgeburten belastete Schwangere als Risikoschwangere zu betrachten sind und als solche engmaschig überwacht werden sollten. Die erhöhte Rate makrosomer Neugeborener in der Gruppe mit vorausgegangenen Totgeburten legt für die Schwangerenbetreuung einen sorgfältigen Ausschluss eines Gestationsdiabetes nahe.

Abstract

In a retrospective analysis, data from the perinatal survey of the years 1995 - 1997 were examined to determine the influence of mothers' previous stillbirths on the average birthweight, the rate of premature births, and the somatic classification of newborns. Mothers with previous live births, miscarriages or abortions were excluded from the 1.8 million perinatal data, which means that only cases with a history of stillbirths were considered in the analysis (exposed group: n = 2649). The comparison group consisted of all newborns of mothers without previous live births, stillbirths, miscarriages or abortions (n = 674 814). The high number of cases made it possible to analyse specific age groups of the mothers. The average birthweight is reduced in the case of previous stillbirths. The reduction in birthweight amounts to 69 to 168 grams in the various age groups. In the case of 20-year-old mothers with previous stillbirths, the rate of premature births increased 2.8-fold (from 7.8 to 21.6 %) in comparison to newborns of mothers without a history of stillbirths, and for 30-year-old mothers with a history of stillbirths the increase was 2.3-fold (from 8 to 18.3 %). The increase in the percentage of hypotrophic, eutrophic and hypertrophic premature births in the case of previous stillbirths occurs at the expense of the percentage of term newborns (- 10.3 %). On the basis of these results, we conclude that pregnant women with a history of stillbirths should be viewed as a risk group and as such should be closely monitored. The increased rate of hypertrophic newborns in the group of mothers with previous stillbirths makes a careful exclusion of gestational diabetes advisable.

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Dr. med. D. Olbertz

Klinikum Südstadt Rostock
Abt. Neonatologie und Neonatologische Intensivmedizin

Südring 81

18059 Rostock

Email: dirk.olbertz@kliniksued-rostock.de

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