Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(5): 209-213
DOI: 10.1055/s-2006-924950
Kurze Mitteilungen
Neurologie / Infektiologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Meningokokkenerkrankungen bei Jugendlichen und Erwachsenen

Aktuelle Aspekte zu klinischem Verlauf, Diagnostik, Therapie und ProphylaxeClinical implications of meningococcal diseaseJ. Kuhn1 , K. Gerbershagen2 , H. D. Mennel3 , H. Bewermeyer2
  • 1Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität zu Köln
  • 2Neurologische Klinik, Kliniken der Stadt Köln gGmbH, Krankenhaus Merheim
  • 3Abteilung für Neuropathologie, Philipps-Universität Marburg
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Publication History

eingereicht: 19.5.2005

akzeptiert: 5.12.2005

Publication Date:
27 January 2006 (online)

Die jährliche Inzidenz der Meningokokkenerkrankung in Deutschland liegt seit längerem bei durchschnittlich 1/100 000. 2004 wurden dem Robert Koch-Institut 600 Meningokokkenfälle gemeldet [6]. Etwa 80 % der Erkrankungen betreffen Kinder und Jugendliche, wobei die höchste Inzidenz bei Kleinkindern vorliegt, ein zweiter Häufigkeitsgipfel liegt bei den 15- bis 19-Jährigen. Meningokokken-Infektionen treten hierzulande sporadisch auf. Gelegentlich ist aber, z. B. in Schulen oder Familien, eine Häufung zu beobachten, die zu Medienberichten und Beunruhigung der Bevölkerung führt.

Erregerreservoir der gramnegativen Diplokokken ist der Nasopharynx von erkrankten oder gesunden Keimträgern. Die Übertragung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Ihre ständige „Mikroevolution“ bedingt eine hohe genetische Variabilität der Meningokokken, wodurch sie eine sehr heterogene Populationsstruktur haben. Das einfachste und gängigste Typisierungsverfahren ist eine Einteilung in Serogruppen anhand der Kapselpolysaccharide. Eine detailliertere Klassifizierung erlaubt z. B. die sog. Multilokus-Sequenztypisierung (MLST). Hauptverursacher von Meningokokken-Erkrankungen sind in Europa die Serogruppen B und C, in Nordamerika zu gleichen Anteilen die Serogruppen B, C und Y. Die Epidemien in Afrika, etwa im „Meningitisgürtel“ südlich der Sahara, werden durch die Serogruppen A, B und seit einigen Jahren auch durch W-135 hervorgerufen. Die Serogruppen D, E29, H, I, K, L, X und Z werden nur selten angetroffen. Außer für epidemiologische Analysen ist die Typisierung wichtig, weil eine Immunität serogruppenspezifisch ist. Bestimmte Meningokokokken-Stämme sind mit einer höheren Pathogenität assoziiert. So zirkulieren gegenwärtig in Deutschland Erreger der Serogruppe C, die häufiger zu den schwerwiegenden septischen Verläufen führen. Für die Meningokokkenerkrankung durch die Serogruppen A, C, Y und W-135 stehen Impfstoffe zur Verfügung (Polysaccharid-Impfstoffe für die Serogruppen A, C, W-135 und Y; konjugierter Impfstoff für die Serogruppe C) [1]. Auch bei adäquater Antibiotikatherapie hat die Meningokokkenerkrankung eine hohe Letalität. Entscheidend für die Prognose ist die frühzeitige Diagnose bzw. Verdachtsdiagnose, um eine rasche spezifische Behandlung sicherzustellen. Doch die Diagnosefindung kann schwierig sein, besonders bei atypischem Verlauf.

Im Folgenden wird über Symptomatik, Verlauf und Laborbefunde bei 13 Krankheitsfällen mit Meningokokkenerkrankung berichtet. Ferner werden Therapie, Diagnostik und Prophylaxe der Erkrankung abgehandelt.

Literatur

  • 1 Dittmann S. Meningokokken-Erkrankungen. Viele schwere und tödliche Verläufe sind vermeidbar.  Dtsch Med Wochenschr. 2004;  129 2666-2671
  • 2 Durand M L, Calderwood S B, Weber D J. et al . Acute bacterial meningitis in adults. A review of 493 episodes.  N Engl J Med. 1993;  328 21-28
  • 3 Fraser A, Gafter-Gvili A, Paul M, Leibovici L. Prophylactic use of antibiotics for prevention of meningococcal infections: systematic review and meta-analysis of randomised trials.  Eur J Clin Microbiol Infect Dis. 2005;  24 172-181
  • 4 Pfister H W, Müller M, Nau R. Bakterielle (eitrige) Meningoenzephalitis. Stuttgart: Georg Thieme Verlag In: HC Diener für die Komission „Leitlinien“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.). Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie 2003
  • 5 Pfister H W. Meningitis: Klinik-Differentialdiagnose-Pathophysiologie-Therapie. Stuttgart: Kohlhammer Verlag 2002
  • 6 Robert Koch-Institut .SurvStat, http://www3.rki.de/SurvStat,Datenstand:2005 2005
  • 7 Rosenstein N E, Perkins B A, Stephens D S, Popovic T, Hughes J M. Meningococcal disease.  N Engl J Med. 2001;  344 1378-1388
  • 8 Roznovsky L, Krizova P, Struncova V. et al . Administration of antibiotics before admission in patients with meningococcal disease.  Cent Eur J Public Health. 2003;  11 14-18
  • 9 Schmidt H, Flieger R R, Hennen R. et al . Reversible autonome Dysfunktion bei einer jungen Patientin mit septischem Multiorgan-Dysfunktionssyndrom.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 648-651
  • 10 STIKO . Impfempfehlungen der ständigen Impfkomission (STIKO) am Robert Koch-Institut.  Epidemiol Bull. 2004;  30

Dr. med. Jens Kuhn

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum der Universität zu Köln

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