Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(5): 229-230
DOI: 10.1055/s-2006-924955
Leserbriefe

© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Komplikationen der internistischen Laparoskopie

Zum Beitrag aus DMW 1/2005F. Lirussi, R. Orlando
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Publication Date:
27 January 2006 (online)

Mit Interesse haben wir den Beitrag von Weickert et al. [18] über die Komplikationen der diagnostischen Laparoskopie gelesen. Die Autoren werteten eine Serie von 675 zwischen 1996 und 2003 durchgeführten Laparoskopien im Hinblick auf mögliche Risikofaktoren für Komplikationen aus. Sie unterteilten die Komplikationen in schwerwiegend (evtl. lebensbedrohlich) und leichtgradig (keine spezifische Therapie erforderlich). Leichtgradige Komplikationen traten bei 35 von 675 (5,2 %) Eingriffen auf, schwerwiegende bei 8 von 675 Eingriffen (1,1 %); es bestand kein Unterschied zwischen konventionellen (n = 520) und Mini-Laparoskopien (n = 155). Insgesamt belief sich die Komplikationsrate auf 6,3 %.

Wir verfügen über Erfahrungen mit der konventionellen Laparoskopie und der laparoskopisch gesteuerten Leberbiopsie bei 2650 konsekutiven Patienten, 1696 Männern und 954 Frauen [14] [16]. 2140 Patienten waren zwischen 17 und 59 Jahren alt, die übrigen 510 Patienten zwischen 60 und 81 Jahren. Die Laparoskopie wurde in Lokalanästhesie und Sedierung durchgeführt. Die Leberbiopsie erfolgte mit einer „tru cut“-Nadel, die unter direkter Sicht perkutan eingeführt wurde. In weiteren 335 Fällen erfolgte aufgrund von Aszites, ausgedehnten Verwachsungen oder Gerinnungsstörungen (Prothrombinzeit < 50 %, Thrombozyten < 50 000/µl) keine Leberbiospie. Die Gesamt-Komplikationsrate betrug in unserer Serie 5,08 %; davon waren 0,58 % schwerwiegend und 4,50 % leichtgradig [13].

Die gegenwärtig akzeptierte Einteilung der Laparoskopie-assoziierten Komplikationen in leichtgradig und schwerwiegend [2] [8] [12] erscheint jedoch willkürlich, da leichtgradige Komplikationen unterschätzt werden könnten und bei der Nachsorge anhaltend Probleme bereiten. Darüber hinaus variiert die Definition von „leichtgradig“ und „schwerwiegend“ in verschiedenen Zentren: So war die Kolonperforation eine der schwerwiegenden Komplikationen bei Kane und Kreijs [8] sowie bei Weickert et al. [18]; sie wurde jedoch von Dal Pozo et al. [3] sowie von uns [13] als leichtgradig eingestuft. Ferner berichteten Weickert et al. [18] über einen Patienten, der wenige Stunden nach der Laparoskopie über Brustschmerzen klagte. Möglicherweise lag dem ein Pneumothorax zugrunde, der nach Kreijs [9] als leichtgradige, nach Bruhl [2] jedoch als schwerwiegende Komplikation einzustufen gewesen wäre.

Weickert et al. [18] fanden keinen Zusammenhang zwischen der Gesamt-Komplikationsrate und dem Alter der Patienten: Dies bestätigt unsere Ergebnisse [12]. Allerdings traten Übelkeit und Erbrechen bei jüngeren Patienten in unserer Serie häufiger auf als bei älteren; dagegen klagten ältere Patienten häufiger über Bauchschmerzen als Folge einer Überdehnung von Verwachsungen nach früheren abdominellen Eingriffen [12].

Unser dritter Kritikpunkt betrifft die laparoskopie-assoziierte Letalität: Weickert et al. [18] berichteten über drei Todesfälle in Folge von Blutungen bei Child-C-Zirrhose und folgern, dass eine fortgeschrittene Leberzirrhose sowie eine portale Hypertension die Blutungsrate erhöhen. Eine Blutung aus einem Bauchwandgefäß kann in vielen Fällen spontan sistieren und lediglich zu einem Hämatom führen. Selten kommt es aber auch zum Hämoperitoneum, das bei zu später Diagnose lebensbedrohlich sein kann. Die Daten von Weickert et al. [18] stehen im Gegensatz zu unseren Ergebnissen bei 1000 konsekutiven Patienten, von denen neun aus der Trokar-Einstichstelle bluteten [15]. Bei acht dieser neun Patienten führte die Blutung zu einem Bauchwandhämatom, das sich spontan zurückbildete; in einem Fall erforderte ein Hämoperitoneum eine explorative Laparotomie. Bemerkenswerterweise hatte keiner dieser neun Patienten einen Pfortaderhochdruck, obwohl vier eine Leberzirrhose aufwiesen. Zwei weitere Patienten bluteten aus der Biopsiestelle: Einer von ihnen wies eine Leberzirrhose auf, der andere eine chronische Hepatitis, aber keiner hatte Anzeichen für eine portale Hypertension.

Unsere Daten weisen darauf hin, dass das laparoskopie-assoziierte Blutungsrisiko unabhängig vom Vorliegen einer fortgeschrittenen Lebererkrankung, eines Pfortaderhochdrucks und einer Gerinnungsstörung ist. Dies stimmt mit Ergebnissen von Ewe [6] sowie Dillon et al. [5] überein, die keine Korrelation zwischen Ergebnissen von Gerinnungstests und dem Blutungsrisiko nach Leberbiopsie fanden. Es muss jedoch berücksichtigt werden, dass das Blutungsrisiko dieser Patienten schwer vorherzusagen ist [5] [6] [15].

Literatur

  • 1 Adamek H E, Maier M, Benz C, Huber T, Schilling D, Riemann J F. Schwerwiegende Komplikationen der diagnostischen Laparoskopie.  Med Klin. 1996;  91 694-697
  • 2 Bruhl W. Zwischenfälle und Komplikationen bei der Laparoskopie und gezielten Leberpunktion.  Dtsch Med Wochenschr. 1966;  91 2297-2299
  • 3 Dal Pozo Camaron A, Pajares Garcia J M, Jiminez Alonso I. Laparoscopia: complicationes y valoracion de su riesgo en una serie de 700 exploraciones.  Rev Exp Enf Ap Dig. 1976;  47 853
  • 4 Denzer U, Helmreich-Becker I, Galle P R, Lohse A W. Liver assessment and biopsy in patients with marked coagulopathy: value of mini-laparoscopy and control of bleeding.  Am J Gastroenterol. 2003;  98 893-900
  • 5 Dillon J F, Simpson K J, Hayes P C. Liver biopsy bleeding time: an unpredictable event.  J Gastroenterol Hepatol. 1994;  9 269-271
  • 6 Ewe K. Bleeding after liver biopsy does not correlate with indices of peripheral coagulation.  Dig Dis Sci. 1981;  26 388-393
  • 7 Galle P R, Denzer U. Non-operative diagnostic laparoscopy.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 21-22
  • 8 Kane M G, Krejs G J. Complications of diagnostic laparoscopy in Dallas: a 7-year prospective study.  Gastrointest Endosc. 1984;  30 237-240
  • 9 Krejs G J. Replay to Dr Henning.  Gastrointest Endosc. 1995;  31 105
  • 10 Lee P I, Chi Y S, Chang Y K, Joo K Y. Minilaparoscopy to reduce complications from cannula insertion in patients with previous pelvic or abdominal surgery.  J Am Assoc Gynecol Laparosc. 1999;  6 91-95
  • 11 Nies C. Non-operative diagnostic laparoscopy - contra.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 23-24
  • 12 Orlando R, Lirussi F, Nassuato G, Okolicsanyi L. Complications of laparoscopy in the elderly: a report on 345 consecutive cases and comparison with a younger population.  Endoscopy. 1987;  19 145-146
  • 13 Orlando R, Lirussi F, Okolicsanyi L. Laparoscopic hazards in liver patients. Need to review the current classification of the complications in diagnostic laparoscopy.  Acta Endoscopica. 1988;  18 347-354
  • 14 Orlando R, Lirussi F, Okolicsanyi L. Laparoscopy and liver biopsy - further evidence that the two procedures improve the diagnosis of liver cirrhosis: a retrospective study of 1003 consecutive examinations.  J Clin Gastroenterol. 1990;  12 47-52
  • 15 Orlando R, Lirussi F. Are liver cirrhosis and portal hypertension associated with an increased risk during laparoscopy? A retrospective analysis of 1000 consecutive cases.  Surgical Laparoscopy, Endoscopy and Percutaneous Techiniques. 2000;  10 208-210
  • 16 Orlando R, Lirussi F. Laparoscopy and guided liver biopsy in the diagnosis of cirrhosis: conventional technique vs. minilaparoscopy.  Endoscopy. 2003;  35 1079-1080
  • 17 Orlando R, Palatini P, Lirussi F. Needle and trocar injuries in diagnostic laparoscopy under local anesthesia: what is the true incidence of these complications?.  J Laparoendosc Adv Surg Tech A. 2003;  13 181-193
  • 18 Weickert U, Jacobs R, Siegel E, Eickhoff A, Schilling D, Reimann J F. Komplikationen der internistischen Laparoskopie.  Dtsch Med Wochenschr. 2005;  130 16-20

Flavio Lirussi
Rocco Orlando

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