Z Gastroenterol 2006; 44 - A4_02
DOI: 10.1055/s-2006-931733

Hepatische Immuntoleranz: Schutz vor experimenteller autoimmuner Enzephalomyelitis durch Expression von Myelin Basischem Protein (MBP) in Hepatozyten

S Lüth 1, T Buch 1, AW Lohse 1, J Herkel 1
  • 1I. Medizinische Klinik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg

Die Leber scheint an der Entstehung immunologischer Toleranz beteiligt zu sein, wobei jedoch nicht klar ist über welche Mechansimen und wie robust sie dies tut. Um hepatische Immuntoleranz in vivo zu untersuchen, haben wir transgene Mäuse generiert, die ein dominantes Autoantigen (MBP) ektopisch in Hepatozyten exprimieren. Wir testeten dann, ob die hepatische Expression von MBP die Induzierbarkeit einer durch MBP-Autoimmunisierung ausgelösten Autoimmunerkrankung – Experimentelle Autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) – verändern würde. In der Tat waren MBP-transgene Mäuse, im Gegensatz zu nicht-transgenen Mäusen, vor der EAE geschützt (EAE score 0,5 vs. 3.3; P<0,005). Entsprechend waren MBP-transgene Mäuse in der Histologie von Hirn und Rückenmark frei von neuraler Entzündung, während die nicht-transgenen Kontrolltiere markante Infiltrate zeigten. Der Schutz vor EAE konnte nicht durch neonatale Thymektomie und anschliessender Implantation nicht-transgenen Thymus durchbrochen werden. Dieser Befund zeigt, dass zentrale Toleranzmechanismen keine Rolle beim Schutz vor EAE fspielen, sondern periphere Toleranzmechanismen. Deletion oder Anergie autoreaktiver T Zellen konnte ebenfalls als Toleranzmechanismus ausgeschlossen werden. Milzzellen von MBP-transgenen Mäusen proliferierten nach MBP-Stimulation genauso gut wie Milzzellen aus nicht-transgenen Tieren, jedoch sezernierten sie signifikant weniger Interferon-gamma (9 U/ml vs. 113 U/ml; P<0,005). Der Schutz vor EAE konnte auf nicht-transgene Mäuse durch adoptiven Transfer von CD4 T Zellen, aber nicht von non-CD4 Zellen aus der Milz MBP-transgener Tiere übertragen werden (EAE score 0,5 vs. 3,0; P<0,005). Diese Befunde zeigen, dass hepatische Expression von MBP eine tolerogene CD4 T Zell Population induzierte, die nach adoptivem Transfer EAE aktiv unterdrückte. Demnach könnte die gezielte Expression von Antigen in Hepatozyten ein neuartiger Ansatz zur Therapie von Autoimmunerkrankungen oder Verhinderung von Transplantatabstossung sein. Darüberhinaus bieten diese Ergebnisse eine mechanistische Erklärung des in vivo Phänomens der hepatischen Immuntoleranz.