DO - Deutsche Zeitschrift für Osteopathie 2006; 4(01): 30-31
DOI: 10.1055/s-2006-932426
History
Hippokrates Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG Stuttgart

Gedanken zur Gesundheit und zum Altern von Dr. Andrew Taylor Still

Jason Haxton
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 December 2006 (online)

In seiner Autobiographie schrieb Andrew Taylor Still, M.D., D.O., dass er 20 Jahre benötigt hatte, Osteopathie zu erlernen und zu perfektionieren, bevor er die American School for Osteopathy (ASO) gründete. Er war 65 Jahre alt, als er endlich die Türen seiner medizinischen Lehranstalt öffnete.

Der Plan, eine Schule zu bauen, wurde von Stadtrat und Geschäftsleuten in Kirksville sehr unterstützt, weil sie fürchteten, dass Dr. Still auf Grund seines hohen Alters jederzeit sterben könnte. Der Verlust seiner einzigartigen medizinischen Fähigkeiten ohne gelernte Nachfolger hätte die neu erlangten Einkünfte durch die Tausenden von Patienten, die zur osteopathischen Behandlung angereist kamen, gefährdet. Damals dachten die Bürger von Kirksville nur an ihren eigenen Vorteil, da sie diesen Arzt nicht verstanden, der Medizin ohne gefährlicher Medikamente praktizierte und verkrüppelte Körper mit seinen Händen heilen konnte.

In Büchern aus dem 19. Jahrhundert werden Männer in ihrem vierzigsten Lebensjahr als „liebe alte Männer” bezeichnet. Menschen starben normalerweise jung. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Amerika lag bis vor 50 Jahren unter dem 65. Lebensjahr (siehe nachfolgende Tabelle). Dr. Still wurde also für recht alt angesehen, als er seine Lehranstalt für Studenten öffnete.[1]

Da das Erreichen eines reifen Alters bereits genug Anstrengung erforderte, war damals das Interesse, die Bedürfnisse alter Menschen zu studieren, nicht besonders groß. Selbst Dr. Still erwartete nicht allzu viel von seiner Zukunft: Am 8. August 1897 sagte er in einer Ansprache an seine Mitbürger: „Ich bin jetzt 69 Jahre alt - noch ein Jahr, und ich bin 70. Ich erwarte nicht, noch viele solcher Feiern zu erleben. Mein Vater starb mit 71 Jahren, meine Mutter mit 89. Solange ich lebe, werde ich ein kompromissloser Anwalt der Osteopathie sein.” [3]

Dr. Still begriff bei jungen wie auch alten Menschen den Körper als eine Maschine, dessen Bedürfnisse, gesund zu sein und lange zu leben, die gleichen waren. Sein Ansatz vereinte die an jedem Zustand beteiligten physischen, chemischen und psychischen oder vitalen Faktoren. Die einfache Aussage, die er aus seinen Studien und Experimenten ableitete, lautete:

„Ich wusste, dass ich die Wahrheit gefunden hatte, dass diese unsterblich ist und dass eines Tages die Prinzipien der Osteopathie mit Freude auf der ganzen Welt angepriesen werden. Die Prinzipien stehen in Harmonie mit den Gesetzen Gottes, wie wir sie in der Natur finden. Osteopathie begreift den Körper als eine perfekte Maschine, die, wenn man sie immer richtig einstellt, nährt und für sie sorgt, reibungslos bis in ein reifes und nützliches Alter läuft. Solange die menschliche Maschine in Ordnung gehalten wird wie eine Lokomotive oder ein anderes mechanisches Gerät, wird sie die von ihr erwarteten Funktionen ausführen.” [4]

Dr. Still sagte auch,

„[d]er Punkt, von dem ich möchte, dass Ihr ihn beachtet, ist der, dass Ihr als Osteopathen die genaue Konstruktion des menschlichen Körpers, die genaue Lage jedes Knochens, Nervs, jeder Faser, jedes Muskels und Organs studieren und kennen müsst, ihren Ursprung, den Verlauf und Fluss aller Flüssigkeiten im Körper, ihr Verhältnis untereinander, ihre Funktionen, die sie im Erhalt von Leben und Gesundheit spielen.” [5]

Dr. Still meinte zudem, dass durch gesunde Ernährung, Bewegung, richtige Einstellung und positive Gedanken das menschliche Gehirn fähig wäre, die notwendigen „Medikamente” herzustellen, um den Körper lebenslang gesund zu halten. Er sagte: „Lasst das Lebenswasser im Kopf frei, entfernt alle Hindernisse und die Arbeit wird getan werden und uns das ewige Erbe spenden, Langlebigkeit.” [6]

Außerdem hielt Dr. Still gesunde Ernährung für so wichtig, dass er übermäßiges Essen in jedem Lebensalter scharf kritisierte. Er sagte einmal:

„Iss jeden Tag drei gemäßigte Mahlzeiten. Sei kein Vielfraß! Du kannst dein System mit zu vieler, zu häufiger und falscher Nahrung vergiften. Essen braucht man nur zur Energiegewinnung. Wenn der Körper diese verbraucht, sollte sie ersetzt werden. Wenn zusätzliche Nahrung zugeführt wird, hat man Schlacke in Magen und Darm.”

Er schrieb auch in seinen Büchern über Nahrung und Altern, wobei er andeutete, dass die Nahrungsaufnahme abnehmen sollte, wenn man älter und weniger aktiv wird. Mit der Natur als Richtschnur empfahl er: „Alle langlebigen Tiere und Vögel, die sich nur von wenigen verschiedenen Nahrungsmitteln ernähren, sollten dem Menschen eine Lehre sein, nicht so lange zu essen und zu trinken, bis der Körper so voll ist, sodass kein Blutgefäß in der Brust oder im Bauch noch freien Fluss ermöglicht. Unsere großen Essen sind Schlachträume der Schau und Dummheit... Lasst mich rasch essen und gehen, und ich werde Gesundheit und Kraft mein Eigen nennen.” [7]

Er verglich den Körper mit einem architektonischen Werk und stellte fest, dass das Endergebnis oder die späteren Lebensjahre die frühen Jahre wiederspiegeln: „Unser Fundament des Lebens muss solide aus Steinen der höchsten Reinheit errichtet sein, sonst neigt sich unser Haus in Richtung der mangelhaften Steine im Fundament. Dein Gebäude wird sich wölben, Risse zeigen, verfallen, einstürzen und zu einer Ruine werden, die eine Geschichte der Ignoranz des Architekten und Erbauers erzählen wird.” [8]

Dr. Still befolgte seine eigenen Ratschläge für eine gesunde Ausrichtung des Körpers und behandelte sich am Ende regelmäßig selbst mit Hilfe eines Stabes, an dessen Ende eine hölzerne Kugel befestigt war, oder ließ sich von anderen behandeln. Er hob diesen Aspekt des gesunden Alterns wie folgt hervor:

„Wenn alle Teile des menschlichen Körpers wohl geordnet sind, besteht Gesundheit. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die Wirkung Krankheit. Wenn die Teile neu angepasst sind, weicht die Krankheit der Gesundheit.” [9]

Neben gesunder Lebensführung als Schwerpunkt schrieb er auch einiges über seine Überzeugung, dass der Tod einen natürlichen Teil des Kreislaufes darstellt. Wir leben, um Wissen zu erlangen, so dass eine Person im Augenblick des Todes noch mehr Möglichkeiten des Lernens erlangt. Dr. Still sagte: „Der Tod ist die beendete Arbeit der Entwicklung aller Bemühungen an einem vollendeten Werk der Natur. Daher ist Unsterblichkeit das Muster oder Ziel des Gottes der Natur bei der Erschaffung des Menschen.” [10]

Kurz vor seinem 80. Geburtstag wurde Dr. Andrew Taylor Still für seine Leistungen ausgezeichnet, anderen Menschen zu einem gesünderen Leben verholfen zu haben. Zu diesem Anlass sagte Dr. Still:

„Ich weiß nicht, wie lange ich leben werde, aber das macht keinen Unterschied für mich. Für mich hat die Natur den Instinkt eines guten Pferdes - wie Gott. Es hat immer ein Ziel vor Augen und wird einen so lange im Sattel halten, wie man die Arme richtig hält. Macht man das nicht mehr, fällt man herunter.”

Dr. Still wurde 89 Jahre alt.[11]

Bilder aus der Museumssammlung des SNOM, Kirksville.

 
  • Literaturs

  • 1 Lifespan and Aging. www.baptistonline.org/health/library/agin3385.asp.
  • 2 Fertility and Mortality in the U.S, 1800-2000. www.eh.net/encyclopedia/?article=haines.demography.
  • 3 Booth RE. History of Osteopathy. Cincinnati, OH; 1924: 435-435
  • 4 Webster G. Sage Sayings of Still. Los Angeles, CA; 1935: 25-25
  • 5 Still AT. Autobiography of Andrew T. Still. Kirksville, MO; 1908: pp. 358 = Still-Kompendium, Pähl: Jolandos; 2005: 124-134
  • 6 Still AT. Philosophy of Osteopathy. Kirksville MO Still-Kompendium (s. Anm. 5) 1899; 37: 79-79
  • 7 Still AT. Autobiography of Andrew T. Still. Kirksville, MO Still-Kompendium (s. Anm. 5) 1908; 168: 369-369
  • 8 Andrew Taylor Still Papers. 2 5. 56-56
  • 9 Still TA.. Research and Practice. Kirksville, MO Still-Kompendium (s. Anm. 5) 1910; 8: 25-25
  • 10 Andrew Taylor Still Papers 2: 46-46
  • 11 Journal of the American Osteopathic Association. 1908; 8: 3-3