Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(12): 623
DOI: 10.1055/s-2006-933711
Pro & Contra
Pneumologie
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Lysetherapie bei hämodynamisch stabilen Patienten mit submassiver Lungenembolie - Contra

Thrombolysis in hemodynamically stable patients with submassive pulmonary embolism - contraH. Worth1
  • 1Medizinische Klinik I, Klinikum Fürth
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eingereicht: 17.2.2006

akzeptiert: 8.3.2006

Publication Date:
17 March 2006 (online)

Nationale und internationale Leitlinien empfehlen bei hämodynamisch stabilen Patienten mit Lungenembolie (LE) ohne Zeichen der Rechtsherzbelastung übereinstimmend eine alleinige Antikoagulation mit Heparin und überlappend Cumarinen als Standardtherapie. Umstritten ist, ob bei hämodynamischer Stabilität, aber Einschränkung der rechtsventrikulären Funktion (RV) eine Thrombolyse anstelle der Antikoagulation indiziert ist. Gegen den Einsatz der Lyse sprechen neben dem erhöhten Blutungsrisiko fehlende Belege der Überlegenheit gegenüber der Antikoagulation mit Heparin.

Die Einschränkung der rechtsventrikulären Funktion korreliert mit der Einengung der Lungenstrombahn. Eine RV-Dysfunktion wird bei akuter Lungenembolie echokardiographisch in 30 - 50 % der Fälle gefunden. Die prognostische Bedeutung ist nicht eindeutig geklärt. Zum einen kann eine vorbestehende Rechtsherzinsuffizienz das Ausmaß der RV-Funktionseinschränkung infolge LE verschleiern. Zum anderen bessert sich bei den meisten Patienten die rechtsventrikuläre Funktionseinschränkung im Laufe der Zeit auch ohne eine Thrombolyse. Die Aussagekraft der bisher durchgeführten Studien zur Analyse der prognostischen Bedeutung der RV- Dysfunktion bei hämodynamisch stabilen Patienten mit akuter LE wird durch das Fehlen klarer echokardiographischer Indizes zur Beschreibung der rechtsventrikulären Dysfunktion, von Kontrollgruppen, der Berücksichtigung anderer prognostischer Faktoren und der Standardherapie stark beeinträchtigt. Die Variabilität dieser Kriterien beeinträchtigt eine verlässliche Abschätzung der prognostischen Bedeutung der RV-Funktionseinschränkung.

Bisher wurde nur eine randomisierte kontrollierte Studie bei hämodynamisch stabilen Patienten mit akuter LE und RV-Funktionseinschränkung durchgeführt: Konstantinides et al. [3] verglichen eine Behandlung mit rtPA und Heparin mit einer alleinigen systemischen Heparintherapie in einer doppelblinden Studie an 256 Patienten mit LE und RV-Funktionseinschränkung, aber fehlender Hypotonie bzw. fehlendem Schock. Endpunkt der Studie war der Tod der Patienten oder die Notwendigkeit einer Therapieeskalation, definiert als Gabe von Katecholaminen, einer Thrombolyse, der endotrachealen Intubation, einer kardiopulmonalen Reanimation bzw. einer Notfallembolektomie. In der mit Heparin behandelten Gruppe wurde dieser Endpunkt von 24,6 % der Patienten erreicht, bei Therapie mit rtPA und Heparin nur von 11 % der Patienten (p = 0,006). Der Unterschied hing ausschließlich von der geringeren Rate einer lebensrettenden Lysetherapie mit rtPA im Verlauf der Behandlung ab, nicht jedoch von den anderen Endpunktkriterien. Die Entscheidung zum Einsatz der lebensrettenden Thrombolyse in der mit Heparin behandelten Gruppe wurde von Ärzten getroffen, die vor Eskalation der Therapie den Randomisierungscode brechen durften. Bei Verschlechterung des klinischen Zustandes wird eine Eskalation der Therapie mittels Thrombolyse prinzipiell wahrscheinlicher durchgeführt in der allein mit Heparin als in der mit Thrombolyse und Heparin behandelten Gruppe. Trotz der häufigen Assosziation der rechtsventrikulären Funktionseinschränkung bei submassiver LE konnte nur ein Patient pro Jahr und Zentrum in die Studie eingeschlossen werden. Diese Tatsache spricht neben der ungewöhnlich geringen Blutungsrate mit nur einer größeren Blutung und dem Fehlen von Hirnblutungen für eine besondere Auswahl der in die Studie aufgenommenen Patienten und wirft Fragen zur Validität der Diagnostik auf. Die Inzidenz intrakranieller Blutungen liegt nach umfangreichen Erhebungen bei 2 - 3 % [1] [2].

Fazit: Angesichts fehlender Daten für eine Besserung der Prognose durch den Einsatz der Thrombolyse einerseits und des erhöhten Blutungsrisikos durch die Thrombolyse andererseits kann bei hämodynamisch stabilen Patienten mit akuter LE eine Lysetherapie für die meisten Patienten nicht empfohlen werden. Zur Beantwortung der Frage, ob Patienten mit submassiver LE und hämodynamischer Stabilität bei stark beeinträchtigter rechtsventrikulärer Funktion von einer Thrombolyse profitieren, sind weitere Untersuchungen erforderlich, denen eine eindeutige Beschreibung der rechtsventrikulären Dysfunktion anhand echokardiographischer Kriterien und gegebenenfalls auch von Biomarkern zugrunde liegt.

Literatur

  • 3 Dalen J E. et al . Thrombolytic therapy for pulmonary embolism? Is ist effective? Is it safe: When is it indicated?.  Arch Intern Med. 1997;  157 2550-2558
  • 4 Dalen J E. Thrombolytic therapy in patients with submassive pulmonary embolism (letter).  N Engl J Med. 2003;  348 357-359
  • 5 Konstantinides S. et al . Heparin plus alteplase compared with heparin alone in patients with submassive pulmonary embolism.  N Engl J Med. 2002;  347 1143-1150

Prof. Dr. med. H. Worth

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