Dtsch Med Wochenschr 2006; 131(14): 773
DOI: 10.1055/s-2006-933734
Pro & Contra | Commentary
Kardiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kardioverter-Defibrillator (ICD) und Resynchronisationstherapie: immer bei Herzinsuffizienz - Contra

G. Ertl1 , W. Bauer1
  • 1Medizinische Klinik II, Bayerische Julius Maximilians Universität Würzburg
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Publication Date:
05 April 2006 (online)

In der MADIT-II-Studie [6] wurden Patienten nach einem Myokardinfarkt, der länger als 4 Wochen zurücklag, und reduzierter Pumpfunktion (Ejektionsfraktion < 30 %) randomisiert einer ICD- Implantation oder einer konventionellen Therapie zugeführt. Im Gegensatz zu früheren Studien beruhte die Risikostratifizierung damit einzig auf einem mechanischen und nicht auf einem elektrischen Parameter. Nach 3 Jahren waren in der ICD-Gruppe 22 %, in der konventionell therapierten Gruppe 31 % gestorben. Folglich profitierten in 3 Jahren in der ICD-Gruppe knapp 10 % der Patienten von ihrem ICD bzw. 90 % hätten ihn nicht benötigt, was dafür spricht, dass dringend weitere Parameter für die Risikostratifizierung notwendig sind.

Problematisch ist, dass die kardiale Todesursache durch die ICD-Implantation zu Ungunsten des plötzlichen Herztodes verschoben wird. Starben in der konventionell therapierten Gruppe 61 % am plötzlichen bzw. 26 % am nicht-plötzlichen Herztod, so waren es in der ICD-Gruppe 35 % zu 55 % [4]. Dies steht im Gegensatz zu dem in Befragungen geäußerten Wunsch der ganz überwiegenden Mehrzahl in der Bevölkerung nach einem „schmerzlosen, plötzlichen” Tod.

In der DINAMIT-Studie [5] wurden Patienten mit kürzlich durchgemachtem Infarkt (6 - 40 Tage) und reduzierter Pumpfunktion (Ejektionsfraktion < 35 %) entweder konventionell oder mit einem ICD therapiert. Die Sterblichkeit in beiden Gruppen unterschied sich über 4 Jahre nicht, jedoch verschob sich wie bei MADIT II die Todesursache in der ICD-Gruppe hin zum nicht-plötzlichen Herztod. Das heißt, Patienten werden zwar durch einen ICD vor dem plötzlichen Herztod gerettet, sterben dafür jedoch im Pumpversagen. Eine spätere Implantation des ICD würde zwar möglicherweise die Sicherheit eines Nutzens des Patienten von der Implantation erhöhen, aber auch plötzliche Herztode akzeptieren, wie sie in unserer Analyse schon relativ früh nach Infarkt auftraten [7].

Die kardiale Resynchronisationstherapie durch biventrikuläre Stimulation zielt durch Ökonomisierung der Kammerfunktion auf die Verbesserung der Symptomatik und des Überlebens. Neben der schlechten Pumpfunktion ist auch ein Linksschenkelblock Voraussetzung für die Indikation zur Resynchronisationstherapie. In der MIRACLE-Studie [1] konnte zwar bei 2/3 der Patienten eine Verbesserung der Symptomatik erzielt werden, allerdings gab es 1/3 „Non Responder”. Trotz umfangreicher Bemühungen (u. a. Echokardiographie) konnte dieses Patientenkollektiv nicht vorab identifiziert werden.

In der COMPANION-Studie [2] konnte gezeigt werden, dass die biventrikuläre Stimulation mit und ohne ICD in etwa gleich gut die Mortalität und die Häufigkeit der stationären Krankenaufenthalte wegen Herzinsuffizienz senkt. Eine signifikante Senkung der Mortalität konnte jedoch nur mittels ICD erzielt werden. Zwar werden diese Ergebnisse von der CARE-HF Studie [3] etwas relativiert, jedoch ergab sich hier die signifikante Senkung der Mortalität bei der reinen Resynchronisationtherapie aufgrund eines längeren Beobachtungszeitraums als bei der COMPANION Studie. Problematisch bei der kardialen Resynchronisationstherapie ist, dass sie für einen schwerkranken Patienten einen größeren, länger dauernden Eingriff bedeutet. Zusammengefasst sind die Probleme dieser Therapie medizinisch (häufige nicht adäquate Schocks), ethisch (plötzlicher Herztod versus Tod in der Herzinsuffizienz oder anderer Ursache) und, bei den hohen Kosten der Geräte, ökonomisch. Ganz besonders deutlich werden hier die Diskrepanzen zwischen medizinisch Machbarem und der Qualität des Lebens und des Sterbens des Patienten.

Literatur

  • 1 Abraham W T. et al . Cardiac resynchronization in chronic heart failure.  N Engl J Med. 2002;  346 1845-1853
  • 2 Bristow M R. et al . Cardiac-resynchronization therapy with or without an implantable defibrillator in advanced chronic heart failure.  N Engl J Med. 2004;  350 2140-2150
  • 3 Cleland J GF. et al . The effect of cardiac resynchronization on morbidity and mortality in heart failure.  N Engl J Med. 2005;  352 1539-1549
  • 4 Greenberg H. et al . Analysis of mortality events in the Multicenter Automatic Defibrillator Implantation Trial (MADIT-II).  JACC. 2004;  43 1459-1461
  • 5 Hohnloser S H. et al . Prophylactic use of an implantable cardioverter-defibrillator after acute myocardial infarction.  N Engl J Med. 2004;  351 2481-2488
  • 6 Moss A J. et al . Prophylactic implantation of a defibrillator in patients with myocardial infarction and reduced ejection fraction.  N Engl J Med. 2002;  346 877-883
  • 7 Solomon S D. et al . for the Valsartan in Acute Myocardial Infarction Trial (VALIANT) Investigators: Sudden death in patients with myocardial infarction and left ventricular dysfunction, Heart Failure, or Both.  N Engl J Med. 2005;  352 2581-2588

Prof. Dr. G. Ertl

Medizinische Klinik und Poliklinik I, Universitätsklinikum

Josef-Schneider-Straße 1

97080 Würzburg

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