Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A13
DOI: 10.1055/s-2006-934233

Einmal Schmerzen – immer Schmerzen? Ergebnisse einer bevölkerungsbezogenen Längsschnittstudie zum Verlauf chronischer Rückenschmerzen

K Blumenstiel 1, G Weiser 2, G Weiser 1, S Steffen 1, B Schuller 1, M Hartmann 1, W Eich 1
  • 1Abteilung für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin, Medizinische Universitätsklinik Heidelberg, Heidelberg
  • 2Abteilung für Schmerztherapie, Klinikum Dachau, Dachau

Rückenschmerzen sind häufig und von zunehmender sozialer und ökonomischer Relevanz. Im Rahmen einer prospektiven epidemiologischen Multicenter-Studie wurden im Raum Heidelberg 4000 zufällig ausgewählte Einwohner postalisch nach Rückenschmerzen befragt. Die Rücklaufquote betrug 62%. 427 Personen (17,7%) gaben an, unter chronischen Rückenschmerzen zu leiden (Rückenschmerzen an mehr als 44 Tagen in den letzten 3 Monaten) und wurden zu einer klinischen Untersuchung eingeladen. 303 Personen (71%) folgten der Einladung und erhielten 1. eine körperliche Untersuchung bestehend aus einer allgemeinen internistischen, orthopädischen, rheumatologischen und neurologischen Untersuchung; 2. ein Strukturiertes Klinisches Interview zur DSM IV-Diagnose (SKID-I und SKID-II, 110 zufällig ausgewählte Probanden); 3. Fragebogen zur Erfassung psychologischer und soziodemographischer Variablen inklusive einer Schmerzfigur zur Angabe der Schmerzausbreitung. Ca. 60% der Rückenschmerzprobanden litten an lokalen oder regionalen Schmerzen, ca. 40% erfüllten die Kriterien des American College of Rheumatology für „chronic widespread pain“ (CWP). Betrachtet man den Verlauf der Schmerzen über einen Zeitraum von zwei Jahren, so blieben 39% der chronischen Rückenschmerzpatienten im Stadium des lokalisierten Schmerzes, 18% hatten durchgängig CWP. Bei 18% trat eine Verbesserung der Symptomatik ein, bei 13% eine Verschlechterung. Das SKID-Interview zeigte eine Prävalenz an Achse-I-Störungen von ca. 35% in der Rückenschmerzgruppe, die damit deutlich höher liegt als in der Allgemeinbevölkerung. Im Gegensatz dazu unterschied sich die Gesamtprävalenz an Achse-II-Störungen (Persönlichkeitsstörungen) bei Rückenschmerzprobanden nicht von der in der Allgemeinbevölkerung. Die Ergebnisse gehen in ein Prädiktorenmodell ein, welches vorgestellt wird.