Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A15
DOI: 10.1055/s-2006-934235

Patienten mit umweltbezogenen Störungen: Interdisziplinäre Diagnostik und Ansätze differenzierter Behandlungsstrategien

S Brand 1, J Küchenhoff 1
  • 1Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel, Abteilung für Psychohygiene und Psychotherapie, Basel, Schweiz

Hintergrund: Die Erforschung umweltbezogener Störungen stellt anspruchsvolle methodologische und diagnostische Anforderungen. Wenige objektive Daten stehen einem hohen subjektiven Leidensdruck und der festen Überzeugung der Patienten gegenüber, dass ihre Beschwerden ausschliesslich auf schädliche Umwelteinflüsse zurück zu führen seien. Das Basler Pilotprojekt zu umweltbezogenen Gesundheitsstörungen ging der Frage einer adäquaten Diagnostik und Behandlung dieser Patienten nach und führte einen multimodalen Ansatz ein. Medizinische, psychiatrisch-psychologische und umweltanalytische Einflussfaktoren wurden erhoben und auf ihren gesundheitsschädigenden Einfluss hin bewertet.

Methode: 63 Patienten wurden gemäss des multimodalen Ansatzes gründlich medizinisch, psychiatrisch und umweltanalytisch untersucht. In interdisziplinären Fallkonferenzen wurden die Befunde gewichtet und ihre schädigende Bedeutsamkeit für jeden einzelnen Patienten eingeschätzt. Hiermit wurde eine einseitige Ursachenzuschreibung vermieden. Ferner wurde die Selbsteinschätzung und das Expertenurteil dazu benutzt, spezifische Patientengruppen zu bilden und differentielle Therapieansätze zu formulieren.

Resultate: Rund 50% der Symptome konnten aufgrund psychischer Ursachen erklärt werden. Vier Patientengruppen konnten identifiziert werden, welche sich sowohl in der Ursachenzuschreibung, als auch in Bezug auf Persönlichkeitsvariablen und Interaktionsfähigkeit deutlich unterschieden. Konsequenterweise schlossen die Ergebnisse einen gleichförmigen Therapiealgorithmus aus.

Schlussfolgerung: Patienten mit umweltbezogenen Beschwerden weisen ein sehr uneinheitliches Bild der Symptomatik und der Beschwerdeursachen auf. Konsequenterweise ist eine Behandlung erfolgreicher, je besser die Ergebnisse einer multimodalen Diagnostik berücksichtigt werden, und je besser Selbstbild und Fremdeinschätzung miteinander in Bezug gebracht werden.