Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A32
DOI: 10.1055/s-2006-934252

Lässt Angst das Blut gerinnen? Veränderungen der plasmatischen, thrombozytären und fibrinolytischen Hämostasefunktionen bei Patienten mit Angststörung

F Geiser 1, C Meier 2, R Liedtke 1, U Harbrecht 3
  • 1Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinikum Bonn, Bonn
  • 2Privat
  • 3Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin, Universität Bonn, Bonn

Epidemiologische Studien zeigen, dass neben Depression und Ärger auch Angst das kardiovaskuläre Risiko erhöht. Als möglicher Pathomechanismus werden prothrombotische Veränderungen durch katecholaminvermittelte Prozesse im Gerinnungssystem diskutiert. Ein Zustand der Hyperkoagulation wurde als Reaktion auf akute wie auch auf chronische Stressoren nachgewiesen. Obwohl eine Angststörung eine chronische Stressbelastung darstellt, wurden plasmatische Gerinnungsfunktionen bei Angstpatienten bisher kaum untersucht. In unserer Studie wurden bei 29 Patienten mit einer gesicherten Angststörung (SKID) Gerinnungsparameter in Ruhe und unter Stress (Stroop-Farb-Wort-Interferenz-Test) gemessen. Der statistische Vergleich erfolgte mit einer nach Alter und Geschlecht gematchten gesunden Kontrollgruppe. Angstpatienten zeigten in Ruhe einen signifikant erhöhten Spiegel an Prothrombinfragmenten 1+2 sowie an Plasminogen-Aktivator-Inhibitor als Ausdruck einer verstärkten Grundaktivierung des koagulatorischen und Hemmung des fibrinolytischen Systems. Außerdem lag eine signifikant verkürzte In-vitro-Blutungszeit vor, welche auf eine Thrombozytenaktivierung hinweist. Die Stressbedingung bewirkte eine leichte Aktivierung der Koagulation, aber nur in der Kontrollgruppe auch der Fibrinolyse. Eine erste Analyse der Fragebogendaten ergibt Hinweise auf Korrelationen der plasmatischen Gerinnung mit dem Ausmaß der Angst sowie kontrolliertem Ärger. Diese Ergebnisse bestätigen die Hypothese einer gesteigerten Koagulationsneigung bei einer Angststörung, welche zu einer Erhöhung des kardiovaskulären Risikos beitragen kann.