Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A44
DOI: 10.1055/s-2006-934264

Bindung und Depressivität II – Prädiktion von Veränderungen depressiver Beschwerden durch Bindungssicherheit und Gruppenwirkfaktoren bei Patienten in stationärer Psychotherapie

HA Kirchmann 1, B Strauß 1
  • 1Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Jena, Jena

Analysiert wurde der Zusammenhang zwischen Bindungssicherheit, depressiven Beschwerden und gruppenpsychotherapeutischen Wirkfaktoren im Verlauf (3 Messgelegenheiten: Prä-Mitte-Post) stationärer Psychotherapie an 187 Patienten aus fünf stationären Psychotherapieeinrichtungen. Hierzu wurden der Bindungsfragebogen (BinFB) das Relationships Style Questionaire (RSQ), die Allgemeine Depressionsskala (ADS) und die Skalen Gruppenkohäsion und Soziales Lernen des Düsseldorfer Wirkfaktorenfragebogens (Schmitz-Buhl, Kriebel & Paar, 2004) verwendet.

Veränderungen wurden mit Hilfe von Strukturgleichungsmodellen als „wahre intraindividuelle Veränderungen“ (True Intraindividual-Change Models; Steyer, Partchev & Shanahan, 1999) in Form latenter Differenzvariablen abgebildet. Anhand verschiedener Cross-Lagged-Designs wurden in einem ersten Schritt unter Berücksichtigung zeitlicher Vorgeordnetheiten die wechselseitigen Einflüsse zwischen Bindungssicherheit und Depressivität analysiert. In einem weiteren Schritt wurde untersucht, welche Zusammenhänge zwischen diesen Variablen und den beiden Skalen des Düsseldorfer Wirkfaktorenfragebogens bestehen.

Es zeigte sich ein komplexes Wechselwirkungsgefüge zwischen Bindungssicherheit und Depressivität mit wechselseitig signifikanten Effekten. Für die Wirkfaktoren Gruppenkohäsion und Soziales Lernen konnte kein kausaler Effekt auf depressive Beschwerden belegt werden, wohingegen Bindungssicherheit durch das Erleben von Gruppenkohäsion prädiziert wurde. Hierbei zeigte sich ein indirekter Effekt, wonach Bindungssicherheit zu einem stärkeren Erleben von Gruppenkohäsion führen und dieses Erleben wiederum günstig auf die Entwicklung von Bindungssicherheit wirken könnte. Auch in Bezug auf Korrelationen zur selben Messgelegenheit erwies sich die erlebnisbezogene Gruppenkohäsion als potenterer Wirkfaktor im Vergleich zum einsichtsbezogenen Sozialen Lernen.