Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A61
DOI: 10.1055/s-2006-934281

Zur Psychosomatik der funktionellen Kernspintomographie (fMRT)

M Michal 1, C Röder 2, J Mayer 3, U Lengler 4, K Krakow 4
  • 1Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universitätsklinik Mainz, Mainz
  • 2Department of Psychiatry, Erasmus MC, Erasmus University, Rotterdam, Netherlands
  • 3Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Frankfurt am Main, Frankurt am Main
  • 4Klinik für Neurologie, Universität Frankfurt am Main, Frankfurt am Main

Die Umgebung eines Kernspintomographen unterscheidet sich von der natürlichen Umwelt des Menschen [1]. Es wird gemutmaßt, dass diese besonderen Umwelteinflüsse geeignet sind, einen Effekt auf das subjektive Erleben des Probanden und seinen seelischen Apparat zu zeitigen. Bereits bekannt ist, dass die Röhre des MRT Platzangst hervorrufen kann. Auch stellt die Situation während der fMRT eine Situation der Reizdeprivation dar, die geeignet ist, dissoziative Phänomene oder auch andere mentale Zustände auszulösen. Um dies zu erfassen, untersuchten wir 32 Normalprobanden, die sich einer fMRT unterzogen mit dem Acute Dissociation Inventory (ADI) [2] in einem Prae-Post-Design. Das ADI erfasst mittels der Items 1–26 dissoziative Phänomene (ADI-D). Außerdem werden in weiteren Items (Item 27–35) u.a. Angstgefühle, Schläfrigkeit und Entspannung /Aversion erfasst. Das ADI wurde von den Probanden jeweils vor (t1) und nach (t2) der fMRT-Sitzung ausgefüllt. Der ADI-D Wert betrug bei t1 (85,6±78,3) und bei t2 (219,7±144,3). Im Wilcoxon Test ergab sich ein signifikanter Mittelwertsunterschied für dissoziative Phänomene (134,1±134,2, Z=4,177, p<0,001) mit einer hohen Effektstärke (d=1,00). Weitere signifikante Veränderungen im Prae-Post-Vergleich betrafen eine signifikante Zunahme des Gefühls der Schläfrigkeit (Z=–3,139, p<0,01, d=0,67), eine Zunahme von Aversion (Z=–3,159, p<0,01, d=0,66) und eine Zunahme von Herzrasen/Herzklopfen (Z=–2,234, p=0,025, d=0,42). Im jeweils obersten Drittel ergaben sich starke Effekte für dissoziative Phänomene (d=4,1), Schläfrigkeit (d=2,74) und Herzklopfen (d=1,31). Die dissoziativen Effekte durch die fMRT sind vergleichbar denjenigen aus Studien, worin psychologische oder pharmazeutische Methoden zur Provokation dissoziativer Phänomene verwendet wurden. Bei aller Begrenztheit dieses naturalistischen Studienansatzes können diese Ergebnisse doch dazu ermuntern, das subjektive Erleben von fMRT-Probanden verstärkt zu berücksichtigen.