Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A68
DOI: 10.1055/s-2006-934288

„…Vater sein dagegen sehr“? Depressive Reaktionen, Angst und körperliche Beschwerden bei Männern nach der Geburt ihres ersten Kindes

DML Munz 1, K Krey 1, H Kächele 1
  • 1Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Ulm

Fragestellung: Postpartale depressive Reaktionen von Müttern nach der Geburt ihres Kindes sind gut untersucht. Wenig erforscht sind hingegen psychosomatische Veränderungen bei Männern im Übergang zur Vaterschaft. Hier interessierten depressive Reaktionen und deren Zusammenhang mit Angst und körperlichen Beschwerden bei Vätern nach der Geburt ihres ersten Kindes. Methoden: N=77 Männer, ohne Depression in der Vorgeschichte, wurden 2 Wochen (T1) und 3 Monate (T2) nach der Geburt ihres ersten Kindes befragt. Erhoben wurden postpartale Depression (EPDS), Angst (STAI), körperliche Beschwerden (GBB) sowie schwangerschaftsrelevante und soziodemografische Daten. Die Männer waren durchschnittlich 32 Jahre alt und hatten in dieser selbstselektierten Stichprobe im Durchschnitt ein höheres Bildungsniveau (Abitur: 57,1%; Realschule: 22,1%; Hauptschule: 20,8%). Ergebnisse: 9,1% der Männer zeigten 2 Wochen nach der Geburt depressive Reaktionen, 3 Monate danach waren es 11,8%. Mit den körperlichen Beschwerden korrellierten diese Depressionswerte signifikant (r=0,276 bei T1; r=0,536 bei T2), ebenfalls signifikant mit den Angstwerten (r=0,593 bei T1; r=0,647 bei T2). Diese postpartal depressive Reaktionen standen in keinem Zusammenhang mit dem Alter, mit der Erwünschtheit der Schwangerschaft, Komplikationen in der Schwangerschaft, und auch nicht mit Anwesenheit bei der Geburt. Diskussion: In einer vergleichbaren Studie zeigten 18% der Frauen 6 Wochen postpartum depressive Reaktionen, nach 3 Monaten waren es noch 3,6%. In dieser Studie konnten postpartale psychosomatische Reaktionen von Vätern gezeigt werden, wobei die depressive Reaktionen über den beobachteten Zeitraum deutlich zunahmen und sich so von den bekannten Verläufen bei Frauen in dieser Zeit unterscheiden. Trotz gebotener Zurückhaltung im Hinblick auf die kleine Stichprobe, ist zu fragen, wie sich diese Symptomatik erklären lässt und ob möglicherweise gezielte Aufklärung und Unterstützung für die Betroffenen notwendig sind.