Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A73
DOI: 10.1055/s-2006-934293

Die Wirksamkeit von schwerpunktmäßig gruppen- und einzeltherapeutischen Behandlungsansätzen in der multimodalen stationären Psychotherapie: Ergebnisse einer naturalistischen Therapieverlaufsstudie

K Pöhlmann 1, M Israel 1, K Petrowski 2, B Strauß 3, P Joraschky 2
  • 1Universitätsklinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Dresden
  • 2Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, TU Dresden, Dresden
  • 3Institut für Medizinische Psychologie am Universitätsklinikum Jena, Jena

Die Gleichwertigkeit von Gruppen- und Einzeltherapie wurde in einer Reihe von Metaanalysen belegt. Die hier vorliegende Studie untersuchte in einer naturalistischen Therapieverlaufsuntersuchung die Wirksamkeit von schwerpunktmäßig gruppentherapeutischer bzw. einzeltherapeutischer stationärer Psychotherapie bei psychosomatischen Störungen in der Akutversorgung. Die beiden Stichproben (einzeltherapeutisches Setting n=117, gruppentherapeutisches Setting n=91; N=208, 142 Frauen, Alter M=34,20, SD=12,8) waren hinsichtlich Alter, Geschlecht, Diagnosen und Behandlungsdauer vergleichbar. Erfasst wurden u.a. Symptombelastung (SCL, KÖPS), Depressivität (BDI) und die relevanten Problembereiche und die in diesen Bereichen erzielte Verbesserung (Psy-BaDo). Die Patientengruppen unterschieden sich bei Aufnahme und Entlassung nicht in den erfassten Dimensionen. Die Effekte der gruppentherapeutischen Behandlung waren in praktisch allen Ergebnisdimensionen (erzielte Besserung in zehn Problembereichen, Symptombelastung, körperliche, psychische und soziale Symptomatik und Depressivität) ebenso hoch oder höher wie die der schwerpunktmäßig einzeltherapeutischen Behandlung. Die Effektstärken des gruppentherapeutischen Ansatzes lagen zwischen d=0,99 (SCL GSI) und d=1,25 (KÖPS Psyche). Nur in der körperlichen Symptomatik erzielte der einzeltherapeutische Behandlungsansatz bessere Ergebnisse (d=0,71 vs. d=0,54). Die Studie ermöglicht einen direkten Vergleich von homogenen Patientengruppen in einzel- und gruppentherapeutischer Behandlung in einem naturalistischen Behandlungssetting. Erste Katamnesedaten (Follow-up nach einem Jahr) zur Stabilität der Veränderungen liegen vor. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Behandlungsansätze hinsichtlich der Wirksamkeit vergleichbar sind. Allerdings ist die Gruppentherapie ebenso personalaufwändig wie die einzeltherapeutische Behandlung und daher nicht ökonomischer.