Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A75
DOI: 10.1055/s-2006-934295

„Vater werden ist nicht schwer…“? Körperliche Beschwerden und Angst von Männern während der Zeit der Schwangerschaft und nach der Geburt ihres ersten Kindes im Zusammenhang mit Bindungsstilen

B Preisner 1, DML Munz 1, H Kächele 1
  • 1Abt. Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Ulm, Ulm

Fragestellung: Das Couvade-Syndrom beschreibt psychosomatische Beschwerden, die bei Männern auftreten können, die Vater werden. Kaum untersucht ist bisher, womit diese Beschwerden erklärt werden können. Mit der Geburt des ersten Kindes müssen auch Veränderungen in der Partnerschaft bewältigt werden. Hier interessierte daher, ob Zusammenhänge mit partnerschaftsbezogenen Bindungsstilen darstellbar sind. Methoden: Daten von N=81 Männer wurden während des letzten Schwangerschaftstrimenon (T1) und 3 Monate nach der Geburt (T2) ihres ersten Kindes untersucht. Erhoben wurden Bindungsstile (BFPE), Angst (STAI), körperliche Beschwerden (GBB). Die Männer waren durchschnittlich 32,4 Jahre alt. Das Bildungsniveau war in dieser selbstselektierten Stichprobe im Durchschnitt höher (Abitur: 56,8%; Realschule: 23,5%; Hauptschule: 19,8%). Ergebnisse: Zu T1 konnten 40,7% dem „sicheren“ Bindungsstil zugeordnet werden (bei T2: 35,8%), dem „bedingt sicheren“ (eine Zwischenposition zwischen „sicherem“ und „distanziertem“ Stil) 25,9% (bei T2: 22,2%), dem „ambivalent-anklammernden“ 9,9% (bei T2: 9,9%) und dem „vermeidend-verschlossenen“ Bindungsstil 23,5% (bei T2: 32,1%). Eine Grundtendenz zur Zeitstabilität der Zuordnungen zu den Bindungsstilen konnte belegt werden. Varianzanalytisch zeigten sich signifikante Unterschiede zwischen den Bindungsstilen. Männer mit „ambivalent-anklammernden“ und „vermeidend-verschlossenen“ Stilen gaben deutlich höhere Werte in Angst und körperliche Beschwerden an, als solche mit „sicheren“ und „bedingt sicheren“ Stilen. Diskussion: Die aus der Bindungsforschung erwarteten Zusammenhänge zwischen Bindungsstil und psychosomatischen Beschwerden konnten mit dem Fragebogenverfahren für das partnerbindungs-relevante Ereignis des Vaterwerdens im Wesentlichen bestätigt werden.