Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A81
DOI: 10.1055/s-2006-934301

FUNKTIONAL – Arztseitige Effekte eines leitlinienbasierten Curriculums zur Früherkennung und Behandlung somatoformer/funktioneller Beschwerden in der Allgemeinarztpraxis (ISRCTN27782834)

RM Schäfert 1, S Lippke 1, G Benedikt 1, H Sattel 1, N Sauer 1, J Szecsenyi 2, S Zipfel 3, P Henningsen 4, W Herzog 1
  • 1Klinik für Psychosomatische und Allgemeine Klinische Medizin, Heidelberg
  • 2Abteilung Allgemeinmedizin und Versorgungsforschung, Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg
  • 3Universitätsklinikum Tübingen, Medizinische Klinik VI, Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Tübingen
  • 4Institut und Poliklinik für Psychosomatische Medizin, Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Klinikum rechts der Isar, TU München, München

Fragestellung: 5-Monats-Evaluation arztseitiger Effekte eines leitlinienbasierten (1), von einer Fokusgruppe entwickelten (2) Curriculums zur Früherkennung und Behandlung somatoformer/funktioneller Beschwerden in der Allgemeinarztpraxis (3).

Methodik: Cluster-randomisiertes, kontrolliertes Design (4), je 16 Hausärzte in Interventions- bzw. Kontrollgruppe. Das Curriculum integriert psychodynamische und kognitiv-behaviorale Elemente (5). Es wurde entlang einem Leitfaden über ¼ Jahr in 4 Modulen (je 2×90 min) und 1 Booster-Termin nach 5 Monaten (1×90 min) durchgeführt. Effektstärken (ES) wurden als Cohen's d berechnet. Die Kontrollgruppe erhielt schriftliches Informationsmaterial.

Ergebnisse: 5 Monate nach der Schulung fühlten sich die Hausärzte im Umgang mit betroffenen Patienten signifikant weniger unsicher (ES: d=0,52) und erlebten die Arzt-Patient-Beziehung (DDPRQ–10) (6) signifikant weniger schwierig (ES: d=0,92); vor allem fand sich eine Reduktion eigener ärgerlicher Reaktionen (ES: d=0,65). Die Freude an der Arbeit mit dieser Patientengruppe nahm zu, auch in der Kontrollgruppe. Hohe Zustimmung ergab sich bei den Curriculumsinhalten zu Informationen über das Krankheitsbild und frühzeitiger Simultandiagnostik organischer und psychosozialer Einflussfaktoren, bei der Didaktik zu Rollenspielen mit Videofeedback, Austausch in der Gesamtgruppe und konkreten Formulierungsvorschlägen. Die Früherkennung wurde als verbessert eingeschätzt, schwierigster Bereich war die Behandlung. Qualitative Kernaussagen waren Simultandiagnostik als Grundhaltung, klare zeitliche Strukturierung des Settings und bessere Kommunikation im Praxisteam.

Schlussfolgerungen: Durch das Curriculum werden arztseitig positive spezifische Effekte erzielt (vgl. 7). Patientenseitige Auswirkungen werden untersucht. Die 12-Monats-Evaluation wird Antworten zur Nachhaltigkeit liefern. Curriculum und Leitfaden werden weiterentwickelt und sollen breiter in Weiterbildungsprogrammen implementiert werden.