Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A88
DOI: 10.1055/s-2006-934308

Multimorbide Rückenschmerzpatienten in der stationären orthopädischen Rehabilitation – therapieresistent?

B Schreiber 1, U Bandemer-Greulich 1, U Bahrke 1, E Fikentscher 1
  • 1Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik der Universität Halle, Halle

Hintergrund und Fragestellung: „Chronifizierung“ von Rückenschmerz beinhaltet nicht nur die Aufrechterhaltung, sondern multidimensionale Ausweitung der Symptomatik zu einem Beschwerdekomplex, der therapeutisch schwer handhabbar wird. Untersucht wird der Behandlungserfolg von Patienten mit unterschiedlich komplexer Symptomatik im Kontext stationär-orthopädischer Reha als Behandlungsort chronifizierter Patienten. Methodik: Im Rahmen eines Projektes des Rehawissenschaftlichen FV Sachsen-Anhalt/Mecklenburg-Vorpommern (FKZ 02508) wurden Schmerz- und sozialmedizinische Parameter erhoben (IRES, FFbH, KSI, BDI). Die Rehabilitanden wurden nach raum-zeitlicher Ausweitung, zusätzlichen somatischen Erkrankungen, Depressivität, Schmerzverarbeitungsstörung und Arbeitsplatzverlust gruppiert (abgegrenzt vs. mittelgradig vs. stark ausgeweitete Symptomatik) und ihr Behandlungserfolg verglichen. Ergebnisse: Von 383 Rückenschmerzpatienten (LVA-Versicherte, Alter 46, 60% m, Erkrankungsdauer 9,6 Jahre) zeigten 15% eine begrenzte, 52% eine mittelgradig und 26% stark ausgeweitete Symptomatik. Insgesamt stieg die Summe der genannten Beschwerden, v.a.der psychosozialen Komponenten nach Reha an (md 5 auf md 6). Patienten mit komplexer Symptomatik zeigten eine deutlichere, kurzfristige Senkung des Schmerzes, gegenüber Patienten mit abgegrenzter Symptomatik jedoch eine Verschlechterung der Alltagsfunktion (FFbH), mehr Arztkonsultationen und häufigere Rentenanträge. Diskussion: Die Unterschiede im Rehaerfolg der 3 Gruppen zeigten sich überraschend gering. Tendenziell haben „multimorbide“ Patienten schlechtere Chancen auf Wiederherstellung funktioneller Leistungs- und Arbeitsfähigkeit, zurückführbar v.a. auf das verstärkte Auftreten psychosozialer Komponenten. In der Konsequenz ist eine effiziente Behandlung chronischer Rückenschmerzen im Rahmen einer sektorübergreifenden Behandlungskette notwendig, in der frühzeitig interdisziplinäre, spezifische und langfristige Interventionen angesetzt werden.