Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A94
DOI: 10.1055/s-2006-934314

Psychosoziale und biologische Determinanten depressiver Symptomatik bei Patienten mit Risikofaktoren für die Entwicklung einer Herzinsuffizienz (HI)–Ergebnisse der MedViP-Studie

B Stanske 1, A Cordes 1, L Binder 2, B Pieske 3, MM Kochen 4, C Herrmann-Lingen 5
  • 1Abt. Psychosomatik und Psychotherapie, Universität Göttingen, Göttingen
  • 2Abt. Klinische Chemie, Universität Göttingen, Göttingen
  • 3Abt. Kardiologie und Pneumologie, Universität Göttingen, Göttingen
  • 4Abt. Allgemeinmedizin, Universität Göttingen, Göttingen, mkochen@gwdg.de
  • 5Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie; Philipps-Universität Marburg, Marburg

Depressivität ist mit Entzündungsprozessen und ungünstiger Prognose bei kardiovaskulären Erkrankungen verbunden.

Ziel: Zusammenhänge zwischen Persönlichkeit, biologischen Faktoren und depressiver Symptomatik bei Patienten (Pat.) mit Risikofaktoren für eine HI sollten aufgedeckt werden.

Methode: Die Pat. wurden zu Beginn und 1 Jahr nach Studieneinschluss einer diagnostischen Untersuchung (kardiologischer Status, 6-Minuten-Gehtest, natriuretische Peptide (NT-proBNP, NT-proANP), Interleukine [IL] 1β, 6, 10 und Tumor Nekrose Faktor [TNF] α, psychosoziale Tests) zugeführt.

Ergebnis: Von den 246 Pat. (61% Männer, 61±12 Jahre) hatten 84% eine arterielle Hypertonie, 32% Diabetes mellitus und 28% eine koronare Herzkrankheit. Die 59 Patienten mit positiven Depressivitätswerten in der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) waren vermehrt Frauen, Pat. mit unsicherem Bindungsstil und Typ-D-Persönlichkeit. Sie erreichten eine geringere Gehstrecke, hatten höhere pro- und geringere antiinflammatorische Zytokinwerte als nicht-depressive Pat. In der logistischen Regression wurden durch sichere Bindung (OR=0,3), Typ D (6,4) und IL–6 (13,7) 79% (R²=0,3) korrekt zugeordnet. Alter, Geschlecht, Ejektionsfraktion, Gehstrecke und natriuretische Peptide sagten Depressivität nicht vorher. Im Follow-up (n=205) waren 68% weiterhin für Depressivität auffällig. Durch HADS- (OR=18,6) und TNFα-Ausgangswerte (1,4) wurde eine korrekte Zuordnung in 86% (R²=0,4) erreicht. TNFα im Verlauf wurde unabhängig vorhergesagt durch TNFα (β=0,5), Depressivität (0,2) und Gehstrecke (–0,3) zu Studienbeginn (R²=0,4).

Schlussfolgerung: Depressivität bei Pat. mit HI-Risikofaktoren wird v.a. durch Persönlichkeit und inflammatorische Aktivierung erklärt. Prospektiv persistierte Depressivität in 2/3 und wurde nur durch HADS- und TNFα-Ausgangswerte vorhergesagt, während kardiale Parameter zu vernachlässigen scheinen. Ausgangsdepressivität war ein unabhängiger Prädiktor des Entzündungsprozesses im Verlauf.