Psychother Psychosom Med Psychol 2006; 56 - A101
DOI: 10.1055/s-2006-934321

Gesundheitliche Risikomuster im berufsbezogenen Erleben und Verhalten bei Ärzten

E Voltmer 1, C Spahn 1
  • 1Freiburger Institut für Musikermedizin, Freiburg

Hintergrund: Die mit dem Beruf verbundenen Arbeitsbedingungen, Anforderungen und Verhaltensweisen von Ärzten führen oft zu gravierenden Belastungen. Ärzte zeigen häufiger Symptome der Ängstlichkeit und Depression, des Alkohol- und Substanzmissbrauchs, höhere Scheidungsraten und Suizide als die Allgemeinbevölkerung oder als Berufsgruppen mit vergleichbarer Verantwortung.

Ziel der vorgestellten Untersuchung war es daher, arbeitsspezifische Erlebens- und Verhaltensweisen von Ärzten in frühen Berufsjahren zu erfassen, um psychosoziale Belastungsmuster und Risiken zu erkennen und damit Anhaltspunkte für eine gezielte Prävention zu gewinnen.

Methode: 1084 Ärzte in Schleswig-Holstein und Südbaden wurden schriftlich mit dem Fragebogen „Arbeitsbezogenes Verhaltens- und Erlebensmuster“ (AVEM) befragt. Der Rücklauf betrug 45,4% (n=128) in Schleswig Holstein und 27,4% (n=220) in Südbaden. Ausgewertet wurden Ärzte zwischen dem vierten und siebten Berufsjahr. Ca. 78,9% davon waren im stationären, ca. 14,7% im niedergelassenen und ca. 6,4% in anderen Bereichen tätig.

Ergebnis: Die Abschätzung des Gesundheitsrisikos für die Entwicklung psychischer Beschwerden gemäß dem AVEM-Fragebogen ergab, dass ca. 39,5% der Ärzte in ihren beruflichen Einstellungen und Verhaltensweisen ein Risikomuster aufweisen. Bei ca. 27,6% der Ärzte bestehen Erschöpfung, Resignation sowie eine eingeschränkte Lebenszufriedenheit. In der Dimension „beruflicher Ehrgeiz“ zeigten Frauen gegenüber Männern signifikant niedrigere, in der Dimension „Resignationstendenz bei Misserfolg“ höhere Werte.

Schlussfolgerung: Bereits in den ersten Jahren des Berufslebens von Ärzten zeigen sich relevante Belastungsmuster und psychosoziale Risikokonstellationen. Gesundheitsförderung und psychosomatische Prävention, welche die Belastungen bewusst macht und Strategien zum erfolgreichen Umgang vermittelt, erscheinen deshalb als wichtige Herausforderung für die ärztliche Aus- und Weiterbildung.