Rofo 2006; 178 - VO_206_7
DOI: 10.1055/s-2006-940593

Somatoforme Schmerzstörung – eine fMRI-Studie zur zerebralen Aktivierung bei Schmerz- und Stress-Exposition.

J Gawehn 1, R Nickel 1, UT Egle 1, L Corluka 1, A Hlawatsch 1, P Stoeter 1
  • 1Universitätsklinik Mainz, Neuroradiologie, Mainz

Ziele: Patienten mit somatoformen Schmerzstörungen zeigen eine verminderte Stress-Toleranz, die möglicherweise auf einer erworbenen Hippokampus-Läsion (Hakala et al., Psychiatry Res. 2004, 131:71–78) infolge übermäßiger Stress-Exposition im frühen Lebensalter beruht. In der Studie sollten Abweichungen bei der zerebralen Aktivierung unter Schmerz- und Stress-Exposition dargestellt und mit einer evtl. vorhandenen Hippokampus-Atrophie korreliert werden. Methode: Eine Untersuchungsgruppe von 17 Patienten mit somatoformen Schmerzstörungen wurde mit einer altersentsprechenden Kontrollgruppe verglichen. Angefertigt wurden neben MPRAGE-Datensätzen zur Volumetrie des Hippokampus (interaktiv ROI-basiert) fMRI-Untersuchungen im Block-Design zu 3 Paradigmen im Wechsel mit Ruhephasen: Pin-Prick-Schmerz (PPS) – Leistungsstress (Rechnen) – PPS – Beziehungs-Stress (Szenen körperlicher Gewalt) – PPS. Die Auswertung erfolgte mit SPM2. Ergebnis: Die Patienten zeigten bei Schmerzexposition eine stärkere Aktivierung in den für phasischen Schmerz typischen Regionen S1, S2 und dem operkulo-insulären Kortex sowie im rechten amygdalo-hippokampalen Komplex, im fronto-lateralen Kortex und im Cingulum. Unter Leistungsstress kam es gegenüber den Kontrollen zu einer gesteigerten, nahezu globalen Hirnaktivierung. Beziehungsstress bewirkte bei der Patientengruppe dagegen nur eine mäßig starke temporo-laterale Aktivierung, die deutlich geringer ausfiel als bei den Kontrollen und im Hippokampus fehlte. Die Volumenmessung der Hippokampi ergab keine signifikante Volumenminderung bei den Patienten gegenüber Kontrollen. Schlussfolgerung: Die stärkere Aktivierung der Patienten unter Schmerz und Leistungs-Stress passt zu der Vorstellung, dass hier keine ausreichend spezifischen Reaktionsmuster zur Einordnung und Bewältigung der Herausforderung zur Verfügung stehen, während die Auseinandersetzung mit Beziehungsstress offenbar eingeschränkt stattfindet.

Korrespondierender Autor: Gawehn J

Universitätsklinik Mainz, Neuroradiologie, Langenbeckstr.1, 55131 Mainz

E-Mail: gawehn@mail.uni-mainz.de