Rofo 2006; 178 - FO_PO_18
DOI: 10.1055/s-2006-941170

Extramedulläre Hämatopoese bei Infektanämie – eine seltene Ursache paravertebraler Raumforderungen

M Beilicke 1, M Biesold 1, A Klamann 1
  • 1Helios-Klinik Borna, Radiologie, Borna

Ziel: Die extramedulläre Hämatopoese (EH) ist eine kompensatorische Antwort des Organismus auf defizitäre Blutbildung im Knochenmark und wird als Folge hämatologischer und markinfiltrierender Erkrankungen beobachtet. Wir berichten über einen Patienten, bei dem eine paravertebrale EH vorlag, ohne dass eine myeloproliferative Erkrankung oder maligne Knochenmarkinfiltration nachgewiesen wurde.

Fall: Ein 61jähriger Patient mit Leberzirrhose wurde mit rezidivierender abdomineller Symptomatik aufgenommen. Sonographisch wurde Ascites nachgewiesen. In der Thoraxübersicht fielen paravertebrale Raumforderungen auf. Die Bildgebung erfolgte an einem Multislice-CT und einem 1,0T-MRT (jew. Fa. GE). Die Histologie wurde mittels CT-gestützter Stanzbiopsie gesichert. Beckenkammbiopsie und Ascitespunktion erfolgten. Wir stellen Aufnahmen, Verlauf, klinische und Laborparameter sowie das histologische Präparat vor. Ein Literaturvergleich erfolgt.

Ergebnis: Es fanden sich beidseits der BWS gelegene, stark anreichernde Tumoren, die histologisch aus blutbildendem Mark ohne Malignitätszeichen bestanden. Die MRT der Wirbelsäule zeigte keine Knochenmarkinfiltration oder intraspinale Ausbreitung. Eine maligne myeloproliferative Erkrankung und Osteomyelofibrose konnten mittels Beckenkammbiopsie ausgeschlossen werden. Anamnestisch war kein Malignom bekannt. Im Beckenkammpunktat fanden sich jedoch Veränderungen, die für eine Infektanämie bei chronischer Entzündung sprachen. Der Ascites war trüb und ohne Erregernachweis. Hämoglobin und Erythrocyten waren erniedrigt, CRP und Leukozyten erhöht.

Schlussfolgerung: Die extramedulläre Hämatopoese stellt eine seltene Ursache paravertebraler Raumforderungen dar. Sie wird oft, aber nicht ausschließlich, bei hämatopoetischen Erkrankungen oder tumoröser Knochenmarkinfiltration beobachtet. Unser Fall zeigt das ungewöhnliche Auftreten bei einer Infektanämie infolge chronischer abakterieller Peritonitis bei Leberzirrhose. Der histologische Nachweis kann mittels Biopsie erfolgen. Eine maligne Grunderkrankung sollte ausgeschlossen werden.

Lernziele:

Bei einer paravertebralen Raumforderung muss an die extramedulläre

Hämatopoese gedacht werden. Sie kommt meistens bei hämatologischen Erkrankungen, in seltenen Fällen auch bei chronischer Anämie vor. Eine maligne Erkrankung muss in jedem Fall ausgeschlossen werden. Der histologische Nachweis gelingt mittels Stanzbiopsie. Das MRT kann therapierelevante intraspinale Ausbreitung ausschließen.

Korrespondierender Autor: Beilicke M

Helios-Klinik Borna, Radiologie, Rudolf-Virchow-Str. 2, 04552 Borna

E-Mail: mbeilicke@borna.helios-kliniken.de