Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A47
DOI: 10.1055/s-2006-943772

Der Verlust der A6-A11 Disulfidbrücke des Insulins führt zur Entwicklung von Diabetes mellitus bei MunichIns2C95S Maus-Mutanten

N Herbach 1, B Rathkolb 2, E Kemter 1, L Pichl 1, M Klaften 3, M Hrabé de Angelis 3, W Hermanns 1, E Wolf 2, B Aigner 2, R Wanke 1
  • 1Institut für Tierpathologie, LMU, München, Germany
  • 2Institut für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie, LMU, München, Germany
  • 3Institut für Experimentelle Genetik, GSF – Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit, Neuherberg, Germany

Fragestellung: Im Rahmen des Münchener ENU-Mausmutagenese-Projekts wurden diabetische Mauslinien erstellt, die als Modell für den Diabetes mellitus dienen. Eine dieser Mauslinien wurde in dieser Studie hinsichtlich der zugrundliegenden Mutation und dem daraus resultierenden Phänotyp untersucht.

Methodik: Die Phänotypisierung der diabetischen MunichIns2 C95S Maus erfolgte an heterozygoten Mutanten und Wildtypgeschwistertieren auf C3H-Hintergrund. Zur chromosomalen Lokalisation der verantwortlichen Mutation wurde ein Outcross-/Backcross-Panel mit C57BL/6 Mäusen etabliert.

Ergebnisse: Die SNP-Analyse ergab eine eindeutige Kopplung des diabetischen Phänotyps zu einem polymorphen Marker auf Chromosom 7 im Bereich von 130 Mbp. Die Sequenzierung des in diesem Bereich gelegenen Ins2 Gens zeigte eine definierte Punktmutation an der Nukleotidposition 1903 von T nach A, die einen Aminosäureaustausch an Position 95 von Cys nach Ser, und damit den Verlust der A6-A11 Disulfidbrückenbindung zur Folge hat. MunichIns2 C95S Maus-Mutanten entwickeln ab dem ersten Lebensmonat einen progressiven Diabetes mellitus. Immunreaktives Insulin im Serum ist bei Mutanten im Vergleich zu Wildtyptieren nicht verändert. Quantitativ stereologische Untersuchungen am endokrinen Pankreas ergaben eine hochgradige Reduktion der Volumendichte der Betazellen in den Inseln und des Gesamtbetazellvolumens der Mutanten im Alter von 6 Monaten. Elektronenmikroskopische Untersuchungen zeigten einen nahezu vollständigen Verlust der sekretorischen Insulingranula, Schwellung und Strukturverlust von Mitochondrien sowie Dilatation des endoplasmatischen Retikulums.

Schlussfolgerung: MunichIns2 C95S Maus-Mutanten entwickeln einen Diabetes mellitus, einen hochgradigen Betazellverlust und ausgeprägte ultrastrukturelle Veränderungen der Betazellen. Diese Maus-Mutante ist das erste in vivo Modell, um die Auswirkungen des Verlustes der A6-A11 Disulfidbrückenbindung auf die Insulinsekretion, das endokrine Pankreas und die Entwicklung eines Diabetes mellitus zu untersuchen.