Diabetologie und Stoffwechsel 2006; 1 - A147
DOI: 10.1055/s-2006-943872

Selbstmanagementorientierte Schulungsprogramme können zur Prävention depressiver Symptome beim Typ 2 Diabetes beitragen

B Kulzer 1, N Hermanns 1, B Maier 1, T Haak 1
  • 1Forschungsinstitut der Diabetes Akademie Mergentheim, Diabetes Zentrum Mergentheim, Bad Mergentheim, Germany

Ziele: Depressionen treten bei Diabetikern gehäuft auf und verschlechtern deren Prognose.. Diese Studie untersucht, ob durch eine selbstmanagementorientierte Schulung, welche auf die Ziele und Probleme der Patienten eingeht, im Vergleich zu einer traditionellen Schulung die Depressivität stärker reduziert werden kann.

Methode: 154 nicht-insulinpflichtige Typ 2 Diabetiker (Alter 55.8±6.1J.; HbA1c 7.8±1.6%; Geschlecht: 50.6% weiblich) wurden auf 3 verschiedene Behandlungsbedingungen randomisiert. Eine traditionelle auf Wissensvermittlung orientierte Schulung (Gruppe A) wurde mit einem selbstmanagementorientierten Schulungskonzept (Gruppe B) und einer individualisierten Schulungsbedingung (Gruppe C) verglichen. Die Depressivität wurde zur Baseline (t0), 12 Wochen nach Baseline (t1) und einem 15 monatigen follow-up Zeitraum mit einem strukturierten Fragebogen (Zerssen-Depressionsskala) erhoben.

Ergebnisse: In Gruppe B (t0: 8.4±5.9, t1: 5.8±3.9, t2: 6.1±4.7) kam es zu einer signifikanten Reduktion der Depressivität im Vergleich zur Gruppe A (t0: 8.2±5.8, t1: 8.5±8.2, t2: 7.7±6.3). Keine signifikanten Differenzen wurden zwischen Gruppe B und C (t0: 9.3±7.1, t1: 7.6±7.0, t2: 7.2±6.6) beobachtet. Eine multivariate logistische Regressionsanalyse zeigte, dass die Abwesenheit von Diabeteskomplikationen (OR 0.07 [CL-95%: 0.01–0.039]), männliches Geschlecht (OR 0.1 [CL-95%: 0.02–05]) und die Teilnahme an der Gruppe B (OR 0.14 [CL-95%: 0.02–095]) sich als protektiv gegenüber einer über alle drei Messzeitpunkte persistierenden Depressionssymptomatik erwies.

Schlussfolgerung: Eine selbstmanagementorientierte Gruppenschulung reduziert die Depressivität der Teilnehmer signifikant stärker als ein auf Wissensvermittlung zielender Schulungsansatz. Für die Prävention depressiver Störungen bei Diabetikern hat dieser Befund eine hohe Relevanz. Zukünftig sollten protektive Faktoren, die das Auftreten einer schweren klinischen Depression verhindern, stärker in der Diabetestherapie Beachtung finden.