Neuropediatrics 2006; 210 - P28
DOI: 10.1055/s-2006-946384

Akute Thrombozytopenie durch Therapie mit PDE-III-Hemmer Corotrop (Milrinone) bei Neonaten und Säuglingen nach Herzoperation

S Schubert 1, S Stiller 1, M Hübler 1, H Abdul-Khaliq 1, A Koster 1, M Redlin 1, R Hetzer 1, F Berger 1
  • 1Deutsches Herzzentrum Berlin, Berlin, D

Einleitung: Corotrop (Milrinone) ist als Phosphordiesterase-III-Hemmer ein wirksames Medikament zur Therapie von Herzinsuffizienz und des „low cardiac output“ bei myokardialem Versagen. Auch für Neonaten und Säuglinge ist die Wirksamkeit nachgewiesen (Evidenz level 1b). Gegenüber bekannten Katecholaminen überwiegt bei Corotrop die positiv inotrope Wirkung zusammen mit einer Reduktion des peripheren systemischen Widerstandes. Mögliche Nebenwirkungen sind Hypotonie, Arrhythmien und Thrombozytopenie (TZP). In dieser Studie untersuchten wir die Nebenwirkungen der Corotrop-Behandlung bei Kindern im 1. Lebensjahr nach Korrekturoperation angeborener Herzfehler. Methodik: In einer retrospektiven Studie analysierten wir monozentrisch die Inzidenz von Thrombozytopenie (TZP) unter Corotrop-Behandlung. Im Untersuchungszeitraum (2004–2005) wurden 55 Neonaten und Säuglinge (Alter median 5,9 Monate, Rang 0.7–11 Mon.) nach Operation mit der Herz-Lungen-Maschine mit Corotrop-DTI behandelt. Postoperativ bestand bei allen Pat. eine Katecholamintherapie, die Corotrop-Medikation wurde bei allen Pat. bereits im OP begonnen, und es erfolgten tägliche standardisierte Blutuntersuchungen inkl. Differentialblutbild und Gerinnungsanalyse. Ergebnisse: Sechzehn (29%) der 55 Patienten mit Corotrop-Therapie wiesen eine signifikante Thrombozytopenie (TZP) auf: Median 58.000 (11.000–90.000) Thrombozyten/mcl (p=0.001) am 4.-5. postoperativen Tag. Kinder mit TZP erhielten eine höhere kumulative Corotrop-Gesamtdosis als die ohne TZP (3047±1567 vs.1738±920µg/kg, p=0.01), sowie eine höhere max. Tagesdosis (2237±977 vs. 1256±703µg/kg/d, p=0.002). Es gab keinen signifikanten Unterschied bei Gewicht, Größe, Alter, präoperativen Hämoglobin- oder Thrombozytenwerten (325 vs. 375 K/mcl, p=0.08). Postoperative Thrombozytenwerte waren in beiden Gruppen vergleichbar (TZP vs. ohne TZP=115 vs. 150 K/mcl, p=0.05), somit ist der Einfluss der OP und der Herz-Lungen-Maschine unwahrscheinlich. Sepsisinduzierte TZP war ausgeschlossen, in der medikamentösen Begleitbehandlung unterschieden sich die beiden Gruppen nicht. Nach Dosisreduktion oder Beendigung von Corotrop kam es zu einem Anstieg der Thrombozytenzahlen innerhalb weniger Tage, es gab keine ernsthaften Blutungskomplikationen oder Bluttransfusionen aufgrund der TZP. Schlussfolgerung: Corotrop ist ein wirksames Medikament zur Therapie der Herzinsuffizienz nach Korrekturoperation angeborener Herzfehler. Eine Thrombozytopenie bei Neonaten und Säuglingen ist mit ca. 30% eine häufige Komplikation (gegenüber 0,4–9% in Erwachsenen-Studien). Ursächlich können eine reduzierte Metabolisation des Medikaments aber auch gesteigerte Reaktivität der Thrombozyten postuliert werden. Eine tägliche Kontrolle der Thrombozytenzahlen während der Corotrop-Therapie und eine frühzeitige Dosisreduktion auf 0.375–0.5 mcg/kg/min ist sinnvoll. Weitere Dosisfindungsstudien speziell für die pädiatrischen Patienten sind indiziert.