Aktuelle Urol 2006; 37 - V12
DOI: 10.1055/s-2006-947401

Das sarkomatoide Nierenzellkarzinom als eine seltene, aggressive Variante des primären Nierenzellkarzinoms

A Bannowsky 1, I Leuschner 1, H Schiller 1, K Bothe 1, D Osmonov 1, CM Naumann 1, C van der Horst 1, PM Braun 1, C Seif 1, KP Jünemann 1, S Hautmann 1
  • 1Klinik für Urologie und Kinderurologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, Kiel

Einleitung:

Das Nierenzellkarzinom stellt jedes Jahr die höchste Tumor-assoziierte Todesursache bezogen auf alle urologischen Tumore dar. Ursprünglich als Karzinosarkom bezeichnet, ist die sarkomatoide Differenzierung verantwortlich für eine hohe Aggressivität in allen möglichen Subtypen des Nierenzellkarzinoms mit einer Häufigkeit von ca. 1%.

Material und Methode:

Im Zeitraum von 09/2004 bis 11/2005 wurden in unserem Patientengut vier Patienten (m: 3, w: 1) im Alter von 54–64 Jahren (im Durchschnitt 58,5 Jahre) identifiziert, welche nach histomorphologischer, immunhistochemischer und molekulargenetischer Untersuchung ein sarkomatoides Nierenzellkarzinom aufwiesen.

Ergebnisse:

Bei den 4 Patienten lag jeweils ein fortgeschrittenes Tumorstadium (T3a: n=1, T3b: n=2, T4: n=1) mit z.T. Infiltration der V. cava, Leber und Colon vor, welche durch einen ausgedehnten operativen Eingriff mit Cavaersatz, Hemicolektomie sowie Hemihepatektomie behandelt werden mussten. Zum Zeitpunkt der Operation wiesen bereits 75% der Patienten eine ausgedehnte lymphogene Metastasierung (N2) auf. In 100% der Fälle handelte es sich um niedrig differenzierte Tumore (G3). Die postoperative progressionsfreie Zeit betrug 5 Wochen bis zu 5 Monaten (im Durchschnitt 2,6 Monate). Zwei Patienten wurden mit einer Immunmodulationstherapie mit Interferon/Interleukin/5-FU behandelt, unter der der Tumor progredient war. Zur Zeit führen wir bei zwei Patienten aufgrund einer neu aufgetretenen pulmonalen, hepatischen und retroperitonealen Filialisierung eine Polychemotherapie nach Sarkomschema mit Doxorubicin/Ifosfamid durch. Die Ergebnisse hierzu stehen noch aus.

Schlussfolgerung:

Das äußerst aggressive sarkomatoide Nierenzellkarzinom zeichnet sich in unserem Patientenkollektiv durch niedriges Patientenalter, fortgeschrittenes Tumorstadium und niedrigen Differenzierungsgrad aus, welcher verantwortlich ist für eine „explosionsartige“ Progression. Aufgrund frühzeitiger Metastasierungstendenz des Tumors und mangelnder therapeutischer Möglichkeiten haben die Betroffenen eine schlechte Prognose. Histomorphologische, immunhistochemische und molekulargenetische Untersuchungen sind diagnostisch wegweisend und helfen, das sarkomatoide Nierenzellkarzinom von anderen renalen epithelialen Neoplasien abzugrenzen. Durch Kenntnis der histologischen Tumorentität könnten die Patienten von einer Chemotherapie profitieren, da nach unseren Erfahrungen und Datenlage in der Literatur von einer Ineffektivität der Immunmodulationstherapie beim sarkomatoiden Nierenzellkarzinom ausgegangen werden muss.